ZEHNTES KAPITEL
DAS SCHWARZE TOR ÖFFNET SICH

Zwei Tage später wurde das Heer des Westens auf dem Pelennor zu-
sammengezogen. Die Rotten der Orks und Ostlinge hatten sich aus Anó-
rien zurückgezogen, aber verfolgt und zerstreut durch die Rohirrim,
waren sie durchgebrochen und ohne viel zu kämpfen nach Cair Andres
geflohen; und nachdem diese Bedrohung beseitigt war und eine neue
Streitmacht aus dem Süden heranzog, war die Stadt so gut bemannt wie
nur möglich. Späher berichteten, daß auf den Straßen nach Osten bis zu
der Wegscheide des Gefallenen Königs keine Feinde mehr seien. Alles
war nun bereit für das letzte Wagnis.
Legolas und Gimli sollten wieder zusammen reiten, und zwar mit Ara-
gorn und Gandalf, die mit den Dúnedain und Elronds Söhnen zur Vorhut
gehörten. Aber zu seiner Beschämung sollte Merry nicht mitgehen.
»Du bist nicht gesund genug für eine solche Fahrt«, sagte Aragorn.
»Aber sei nicht beschämt. Auch wenn du in diesem Krieg weiter nichts
tust, so hast du doch schon große Ehren verdient. Peregrin soll mitgehen
und das Auenlandvolk vertreten; und mißgönne ihm seine Gelegenheit
nicht, eine Gefahr zu bestehen, denn obwohl er es so gut gemacht hat,
wie sein Glück es ihm erlaubte, hat er immer noch etwas zu tun, was dei-
ner Tat gleichkommt. Aber in Wirklichkeit sind wir alle in derselben Ge-
fahr. Wenn es auch unser Schicksal sein mag, ein bitteres Ende vor dem
Tor von Mordor zu finden, dann wirst auch du, wenn es uns so ergeht,
einen letzten Verteidigungskampf führen müssen, entweder hier oder wo
immer dich die schwarze Flut überrollt. Lebe wohl!«
Und nun stand Merry verzagt da und beobachtete die Aufstellung des
Heers. Bergil war bei ihm, und auch er war niedergeschlagen. Denn sein
Vater sollte eine Schar von Mannen der Stadt anführen: er konnte nicht
wieder in die Wache aufgenommen werden, ehe sein Fall nicht abgeurteilt
war. Zu derselben Schar sollte auch Pippin als Krieger von Gondor gehö-
ren. Merry konnte ihn sehen, nicht weit weg, eine kleine, aber aufrechte
Gestalt zwischen den großen Menschen von Minas Tirith.
Endlich erschallten die Trompeten, und das Heer setzte sich in Bewe-
gung. Reiterabteilung um Reiterabteilung und Schar um Schar machten
eine Schwenkung und zogen nach Osten ab. Und noch lange, nachdem sie
die große Straße zum Damm hinter sich gelassen hatten und außer Sicht
waren, stand Merry da. Der letzte Schimmer der Morgensonne glitzerte
auf Speer und Helm und verschwand, und immer noch blieb er mit ge-
senktem Kopf und bedrücktem Herzen stehen; er fühlte sich verlassen und
einsam. Alle, die er gern hatte, waren davongegangen in die Düsternis,
die über dem fernen östlichen Himmel hing; und wenig Hoffnung hatte er,
wenn überhaupt welche, daß er einen von ihnen je wiedersehen würde.
Als ob seine verzweifelte Stimmung den Schmerz wieder wachgerufen
habe, begann sein Arm ihn von neuem zu plagen, und er fühlte sich
schwach und alt, und der Sonnenschein kam ihm fahl vor. Er schreckte
auf, als Bergil ihn mit der Hand berührte.
»Kommt, Herr Perian!« sagte er. »Ihr habt noch Schmerzen, wie ich
sehe. Ich werde Euch wieder zu den Heilern bringen. Aber habt keine
Angst! Sie werden zurückkommen. Die Menschen von Minas Tirith wer-
den niemals besiegt werden. Und jetzt haben sie den Herrn Elbenstein und
auch Beregond von der Wache.«
Vor dem Mittag gelangte das Heer nach Osgiliath. Dort waren alle
Arbeiter und Handwerker, die entbehrt werden konnten, beschäftigt.
Einige verstärkten die Fähren und Schiffsbrücken, die der Feind angelegt
und bei seiner Flucht teilweise zerstört hatte; einige sammelten Vorräte
und Beute; und andere hoben auf der östlichen Seite jenseits des Flusses
eilig Verteidigungswerke aus.
Die Vorhut zog weiter durch die Trümmer von Alt-Gondor und über
den breiten Fluß und dann über die lange gerade Straße, die einstmals ge-
baut worden war, um den schönen Turm der Sonne mit dem hohen Turm
des Mondes zu verbinden, der jetzt Minas Morgul war in seinem ver-
fluchten Tal. Fünf Meilen hinter Osgiliath hielten sie an, und es war das
Ende ihres ersten Tagesmarschs.
Doch die Reiter drängten weiter vor, und ehe es Abend wurde, kamen
sie zu der Wegscheide und dem großen Kreis von Bäumen, und alles war
still. Keine Spur eines Feindes hatten sie gesehen, keinen Schrei oder Ruf
gehört, kein Pfeil war unterwegs von Fels oder Dickicht auf sie abge-
schossen worden, doch während sie vorwärts gingen, hatten sie die ganze
Zeit das Gefühl, daß die Wachsamkeit des Landes zunahm. Baum und
Stein, Halm und Blatt lauschten. Die Dunkelheit hatte sich aufgelöst, und
fern im Westen ging die Sonne über dem Tal des Anduin unter, und die
weißen Gipfel des Gebirges erglühten in der blauen Luft, doch über dem
Ephel Dúath schwebten ein Schatten und eine Düsternis.
Dann stellte Aragorn Trompeter auf jede der vier Straßen, die in dem
Baumkreis zusammenliefen, und sie bliesen einen mächtigen Tusch, und
die Herolde riefen laut: »Die Herren von Gondor sind zurückgekehrt und
haben dieses ganze Land, das ihres ist, wiedergenommen.« Der abscheu-
liche Orkkopf, der auf das Standbild gesetzt worden war, wurde herum-
tergeholt und in Stücke geschlagen, und der Kopf des alten Königs wurde
aufgehoben und wieder an seinen Platz gesetzt, und er war noch immer
mit weißen und goldenen Blumen gekrönt; und die Männer machten sich
daran, all die üblen Kritzeleien abzuwaschen und abzukratzen, mit denen
die Orks den Stein verunziert hatten.
Bei ihrer Beratung hatten nun einige den Vorschlag gemacht, zuerst
Minas Morgul anzugreifen, und wenn sie es einnehmen könnten, solle es
völlig zerstört werden. »Und vielleicht«, sagte Imrahil, »erweist sich die
Straße, die von dort zu dem Paß hinaufführt, als ein einfacherer Weg für
den Angriff gegen den Dunklen Gebieter als sein nördliches Tor.«
Aber davor hatte Gandalf dringend gewarnt wegen des Bösen, das in
diesem Tal hauste, wo der Verstand lebender Menschen sich in Wahnsinn
und Entsetzen verwandelte, und auch wegen der Nachrichten, die Faramir
gebracht hatte. Denn wenn der Ringträger es wirklich auf diesem Weg
versucht hatte, dann sollten sie vor allem nicht das Auge von Mordor
dorthin lenken. Also stellten sie am nächsten Tag, als das Hauptheer her-
ankam, eine starke Wache am Scheideweg auf, die sich verteidigen
könnte, wenn Mordor eine Streitmacht über den Morgul-Paß schicken
oder mehr Menschen vom Süden heranbringen sollte. Für diese Wache
wählten sie hauptsächlich Bogenschützen aus, die Weg und Steg in Ithi-
lien kannten und sich in den Wäldern und an den Hängen in der Nähe der
Wegkreuzung verstecken sollten. Aber Gandalf und Aragorn ritten mit
der Vorhut bis zum Eingang des Morgul-Tals und schauten hinüber auf
die unselige Stadt.
Sie war dunkel und ohne Leben; denn die Orks und geringeren Ge-
schöpfe von Mordor, die dort gehaust hatten, waren in der Schlacht ver-
nichtet worden, und die Nazgûl waren unterwegs. Doch war die Luft im
Tal geschwängert mit Schrecken und Feindseligkeit. Dann zerstörten sie
die üble Brücke und steckten die ungesunden Felder in roten Brand und
ritten davon.
Am nächsten Tag, dem dritten, seit sie von Minas Tirith aufgebrochen
waren, begann das Heer nach Norden auf der Straße zu marschieren. Auf
diesem Wege waren es etwa hundert Meilen von der Wegscheide bis zum
Morannon, und was ihnen widerfahren würde, ehe sie dort hinkamen,
wußte keiner. Sie gingen ohne Deckung, aber achtsam, und vor ihnen auf
der Straße waren berittene Späher, und andere zu Fuß auf beiden Seiten,
besonders an der Ostflanke; denn dort lagen große Dickichte, und das ab-
schüssige Land war voller Schluchten und Felsen, hinter denen die langen,
düsteren Hänge des Ephel Dúath emporklommen. Das Wetter der Welt
war schön geblieben, und der Wind wehte stetig von Westen, aber nichts
konnte die Düsternis und die traurigen Nebel vertreiben, die um das
Schattengebirge hingen; und dahinter stiegen zuweilen große Rauchwol-
ken auf und schwebten in den oberen Winden.
Dann und wann ließ Gandalf die Trompeten blasen, und die Herolde
riefen: »Die Herren von Gondor sind gekommen!« Aber Imrahil sagte:
»Sagt nicht Die Herren von Gondor. Sagt Der König Elessar. Denn das ist
wahr, selbst wenn er noch nicht auf dem Thron gesessen hat; und es wird
dem Feind mehr zu denken geben, wenn die Herolde diesen Namen nen-
nen.« Und danach kündeten die Herolde dreimal am Tag das Kommen des
Königs Elessar an. Aber niemand antwortete auf die Herausforderung.
Obwohl sie in scheinbarem Frieden marschierten, waren die Herzen des
ganzen Heeres, vom Höchsten bis zum Niedrigsten, bedrückt, und mit
jeder Meile, die sie nach Norden gingen, lastete die Vorahnung von Un-
heil immer schwerer auf ihnen. Der zweite Tag ihres Marsches seit der
Wegscheide näherte sich seinem Ende, als sie zum ersten Mal auf einen
kampfbereiten Gegner stießen. Denn eine starke Rotte von Orks und Ost-
lingen versuchte, ihre Vorausabteilungen aus dem Hinterhalt zu überfal-
len; und es war genau an der Stelle, wo Faramir den Menschen aus Harad
aufgelauert hatte und wo die Straße in einem tiefen Durchstich einen
Ausläufer der östlichen Berge durchstieß. Aber die Heerführer des
Westens waren durch ihre Späher, erfahrene Männer aus Henneth An-
nun unter Führung von Mahlung, rechtzeitig gewarnt worden; und so ge-
rieten die im Hinterhalt Liegenden selbst in eine Falle. Denn Reiter be-
schrieben einen weiten Bogen nach Westen und griffen die Feinde an der
Flanke und von hinten an, und sie wurden niedergemacht oder nach Osten
in die Berge getrieben.
Doch der Sieg ermutigte die Heerführer nur wenig. »Es ist nur ein
Scheinangriff«, sagte Aragorn, »und sein Hauptzweck, glaube ich, war
eher, uns durch eine falsche Einschätzung der Schwäche unseres Feindes
weiterzulocken, als uns großen Schaden zuzufügen.« Und seit diesem
Abend kamen die Nazgûl und verfolgten jede Bewegung des Heeres. Sie
flogen noch hoch und außer Sichtweite von allen außer Legolas, und doch
war ihre Anwesenheit spürbar wie eine Verdunkelung der Schatten und
eine Trübung der Sonne; und obwohl die Ringgeister noch nicht auf ihre
Feinde hinunterstießen und stumm waren und keinen Schrei von sich
gaben, ließ sich das Grauen vor ihnen nicht abschütteln.
So verging die Zeit, und die hoffnungslose Fahrt zog sich weiter hin.
Am vierten Tag, nachdem sie vom Scheideweg, und am sechsten Tag,
nachdem sie von Minas Tirith aufgebrochen waren, kamen sie endlich ans
Ende der lebenden Lande und zogen durch die Einöde, die vor den Toren
des Passes von Cirith Gorgor lag; und von dort erblickten sie die Sümpfe
und die Wüstenei, die sich nördlich und westlich des Emyn Muil erstreck-
ten. So trostlos waren diese Orte und so abgrundtief der Schrecken, der
auf ihnen lag, daß einige aus dem Heer den Mut verloren und nicht wei-
ter nach Norden zu gehen oder zu reiten vermochten.
Aragorn sah sie an, und es war eher Mitleid in seinem Blick als Zorn;
denn es waren junge Männer aus Rohan, aus dem fernen Westfold, oder
Bauern aus Lossarnach, und für sie war Mordor von Kindheit an ein
Name des Bösen gewesen, und dennoch unwirklich, eine Sage, die nichts
mit ihrem einfachen Leben gemein hatte; und nun gingen sie wie Men-
schen in einem abscheulichen Traum, der Wirklichkeit geworden war,
und sie verstanden weder diesen Krieg noch warum das Schicksal sie in
eine so mißliche Lage brachte.
»Geht!« sagte Aragorn. »Aber behaltet so viel Ehre, wie ihr könnt,
und flieht nicht! Und es gibt eine Aufgabe, die ihr versuchen könnt,
damit ihr euch nicht nur zu schämen braucht. Schlagt den Weg nach Süd-
westen ein, bis ihr nach Cair Andres kommt, und wenn es noch vom
Feind besetzt ist, wie ich glaube, dann erobert es zurück, wenn ihr könnt;
und haltet es bis zuletzt zum Schutz von Gondor und Rohan!«
Da waren einige beschämt durch sein Mitleid, und sie überwanden ihre
Angst und gingen weiter, und die anderen schöpften neue Hoffnung, als
sie von einer mannhaften Tat im Rahmen ihrer Kräfte hörten, der sie sich
zuwenden konnten, und sie gingen. Und da schon am Scheideweg viele
Mannen zurückgelassen worden waren, hatten die Heerführer des
Westens weniger als sechstausend Mann, als sie nun endlich das
Schwarze Tor und die Macht von Mordor herausforderten.
Sie rückten jetzt langsam vor, denn sie erwarteten stündlich eine Ant-
wort auf die Ankündigungen ihrer Herolde, und sie blieben jetzt zusam-
men, denn es wäre eine VergeUdûng von Leuten gewesen, wenn sie Spä-
her und kleine Gruppen vom Hauptheer getrennt hätten. Bei Einbruch der
Nacht am fünften Tage des Marsches vom Morgul-Tal schlugen sie ihr
letztes Lager auf und zündeten ringsum Feuer an mit so viel totem Holz
und Heide, wie sie finden konnten. Sie verbrachten die Nachtstunden
wachend und merkten, daß viele Wesen, die sie nur halb sahen, umher-
wanderten und sie umschlichen, und sie hörten das Heulen von Wölfen.
Der Wind hatte sich gelegt, und die ganze Luft erschien still. Sie konnten
wenig sehen, denn obwohl es wolkenlos und der zunehmende Mond vier
Tage alt war, stiegen Rauch und Dunst von der Erde auf, und die weiße
Mondsichel war verhüllt von den Nebeln aus Mordor.
Es wurde kalt. Als der Morgen kam, regte sich der Wind wieder, aber
jetzt wehte er von Norden und verstärkte sich bald zu einer frischen
Brise. Alle Nachtwandler waren fort, und das Land erschien leer. Nörd-
lich lagen inmitten der stinkenden Gräben die ersten großen Haufen und
Berge aus Schlacke und herausgesprengtem Feld und verbrannter Erde,
ausgespien von dem Wühlervolk von Mordor; aber im Süden und jetzt
ganz nahe erhob sich der große Wall von Cirith Gorgor und in seiner
Mitte das Schwarze Tor, und zu beiden Seiten die zwei Türme der Wehr,
hoch und dunkel. Denn bei ihrem letzten Marsch hatten die Heerführer
die alte Straße dort, wo sie nach Osten abbog, verlassen und die Gefahr
der lauernden Berge vermieden, und so näherten sie sich dem Morannon
nun vom Nordwesten, wie es auch Frodo getan hatte.
Die drei riesigen Türflügel des Schwarzen Tors unter ihren drohenden
Gewölbebögen waren fest verschlossen. Auf der Festungsmauer war
nichts zu sehen. Alles war still, aber wachsam. Sie waren nun am letzten
Ende ihrer Torheit angelangt und standen verloren und fröstelnd in dem
grauen Licht des frühen Tages vor Türmen und Mauern, die ihr Heer
nicht mit Hoffnung auf Erfolg angreifen konnte, nicht einmal, wenn sie
sehr mächtige Kriegsmaschinen mitgebracht hätten und der Feind nicht
mehr Streitkräfte hätte, als für die Bemannung des Tors und der Mauer
allein genügen würden. Dennoch wußten sie, daß alle Berge und Felsen
rings um den Morannon von verborgenen Feinden wimmelten und die
schattige Talschlucht dahin durchbohrt und von der furchtbaren Brut
böser Wesen mit unterirdischen Gängen versehen worden war. Und als
sie dort standen, sahen sie alle Nazgûl beieinander, und wie Geier
schwebten sie über den Türmen der Wehr; und sie wußten, daß sie beob-
achtet wurden. Aber immer noch gab der Feind kein Zeichen.
Es blieb ihnen keine andere Wahl, als ihre Rolle bis zu Ende zu spielen.
Daher stellte Aragorn das Heer nun in der denkbar besten Schlachtord-
nung auf, und zwar auf zwei großen Bergen aus gesprengtem Gestein, die
die Orks in jahrelanger Arbeit aufgetürmt hatten. Vor ihnen in Richtung
auf Mordor lag wie ein Wallgraben ein Sumpf von stinkendem Schlamm
und übelriechenden Tümpeln. Als alles geordnet war, ritten die Heerfüh-
rer zum Schwarzen Tor mit einer großen Leibwache aus Reitern und dem
Banner und Herolden und Trompetern. Da war Gandalf als oberster Ab-
gesandter, und Aragorn mit Elronds Söhnen und Éomer von Rohan und
Imrahil; und auch Legolas und Gimli und Peregrin wurden aufgefordert
mitzugehen, damit alle Feinde von Mordor einen Zeugen haben sollten.
Sie kamen in Rufweite des Morannon, entrollten das Banner und blie-
sen die Trompeten; und die Herolde traten vor und ließen ihre Stimmen
hinaufschallen zum Festungswall von Mordor.
»Kommt heraus!« riefen sie. »Laßt den Herrn des Schwarzen Landes
herauskommen! Er soll seine gerechte Strafe erhalten. Denn unrechtmäßig
hat er Gondor mit Krieg überzogen und seine Lande verwüstet. Daher
verlangt der König von Gondor, daß er für seine Übeltaten büßen und
dann auf immer fortgehen soll. Kommt heraus!«
Lange herrschte Stille, und von Mauer und Tor war kein Schrei oder
Laut als Antwort zu hören. Aber Sauron hatte seine Pläne schon ge-
macht, und es gelüstete ihn, diese Mäuse erst grausam zappeln zu lassen,
ehe er zuschlug, um sie zu töten. So kam es, daß gerade, als die Heerfüh-
rer umkehren wollten, die Stille plötzlich unterbrochen wurde. Langan-
haltend dröhnten Trommeln wie Donner im Gebirge, und dann kam ein
Schmettern von Hörnern, das die Steine erbeben ließ und die Ohren der
Menschen betäubte. Und dann wurde der mittlere Türflügel des Schwar-
zen Tors mit lautem Geklirr aufgestoßen, und heraus kam eine Gesandt-
schaft des Schwarzen Turms.
An ihrer Spitze ritt eine große und böse Gestalt auf einem schwarzen
Pferd, wenn es ein Pferd war; denn es war riesig und häßlich, und sein
Gesicht war eine gräßliche Maske, mehr ein Totenschädel denn ein leben-
der Kopf, und in seinen Augenhöhlen und Nüstern brannte eine Flamme.
Der Reiter war ganz schwarz gekleidet, und schwarz war sein hoher
Helm; doch war er kein Ringgeist, sondern ein lebendiger Mann. Der Be-
fehlshaber des Turms von Barad-dûr war er, und sein Name wird in
keiner Erzählung überliefert; denn er selbst hatte ihn vergessen, und er
sagte: »Ich bin Saurons Mund.« Aber es wird erzählt, er sei ein Abtrün-
niger gewesen, aus dem Geschlecht derer, die die Schwarzen Númenorer
genannt werden; denn sie schlugen in den Jahren von Saurons Herrschaft
ihren Wohnsitz in Mittelerde auf, und sie verehrten ihn, von böser Freund-
schaft bezaubert. Und er trat in den Dienst des Dunklen Turms, als des-
sen Macht wieder zunahm, und wegen seiner Verschlagenheit stieg er
immer höher in der Gunst des Herrschers; und er lernte die große Hexerei
und wußte viel von Saurons Gedanken; und er war grausamer als jeder Ork.
Er war es, der jetzt herausritt, und mit ihm kam nur eine kleine Schar
Krieger in schwarzen Rüstungen, und eine einzige Fahne, schwarz, aber
darauf in Rot das Böse Auge. Nun hielt er ein paar Schritt von den Heer-
führern, sah sie von oben bis unten an und lachte.
»Ist hier irgendeiner in diesem wilden Haufen, der ermächtigt ist, mit
mir zu verhandeln?« fragte er. »Oder der auch nur Verstand genug hat,
um mich zu verstehen? Nicht du wenigstens!« höhnte er und wandte sich
voll Verachtung an Aragorn. »Es braucht mehr, um einen König zu
machen als ein Stück Elbenglas oder einen Pöbelhaufen wie diesen.
Warum? Jeder Räuber aus den Bergen kann eine ebenso gute Gefolgschaft
vorzeigen!«
Aragorn sagte nichts als Antwort, aber er sah dem anderen in die
Augen und hielt seinen Blick fest, und einen Augenblick lang rangen sie
so miteinander; doch bald, obwohl Aragorn sich nicht rührte und auch
nicht die Hand nach der Waffe ausstreckte, zitterte der andere und fuhr
zurück, als ob er mit einem Schlag bedroht worden sei. »Ich bin ein
Herold und Botschafter und darf nicht angegriffen werden!« schrie er.
»Wo solche Gesetze gelten«, sagte Gandalf, »ist es auch Sitte, daß Bot-
schafter weniger unverschämt sind. Aber niemand hat Euch bedroht. Ihr
habt nichts von uns zu fürchten, bis Euer Auftrag erledigt ist. Doch
sofern Euer Herz nicht zu neuer Einsicht gelangt ist, werdet Ihr und alle
seine Diener dann in großer Gefahr sein.«
»So!« sagte der Bote. »Dann bist du der Sprecher, alter Graubart?
Haben wir nicht zuweilen von dir gehört, von deinen Wanderungen und
daß du immer in sicherer Entfernung Ränke geschmiedet und Unheil aus-
gebrütet hast? Aber diesmal hast du deine Nase zu weit vorgestreckt, Herr
Gandalf; und du wirst sehen, was dem geschieht, der seine törichten
Netze vor den Füßen Saurons des Großen stellt. Ich habe Beweise, die dir
zu zeigen mir befohlen wurde — dir insbesondere, wenn du es wagen soll-
test, herzukommen.« Er winkte einem von seinen Leuten, und er brachte
ein in schwarze Tücher eingewickeltes Bündel.
Der Bote zog die Umhüllung beiseite, und zur Verwunderung und zum
Entsetzen aller Heerführer hielt er zuerst ein kurzes Schwert hoch, wie
Sam es bei sich gehabt hatte, dann einen grauen Mantel mit einer Elben-
Brosche, und zuletzt das Panzerhemd aus mithril, das Frodo getragen
hatte, eingewickelt in seine zerfetzten Kleider. Es wurde ihnen schwarz
vor Augen, und in einem Augenblick des Schweigens schien es ihnen,
daß die Welt stillstand, aber ihre Herzen schlugen nicht mehr, und ihre
letzte Hoffnung war dahin. Pippin, der hinter Fürst Imrahil stand, sprang
mit einem Schmerzensschrei vor.
»Ruhe!« sagte Gandalf streng und stieß ihn zurück; aber der Bote
lachte laut auf.
»So, ihr habt also noch einen von diesen Wichten bei euch!« rief er.
»Was ihr an ihnen nützlich findet, kann ich mir nicht vorstellen; aber sie
als Späher nach Mordor zu schicken, das übertrifft eure übliche Torheit.
Immerhin danke ich ihm, denn es ist klar, daß dieser Knirps zumindest
die Beweise schon früher gesehen hat, und es wäre vergeblich, wenn ihr
sie jetzt verleugnen wolltet.«
»Ich will sie nicht verleugnen«, sagte Gandalf. »Fürwahr, ich kenne sie
alle und ihre ganze Geschichte, und trotz Eures Spotts, Ihr widerlicher
Mund von Sauron, könnt Ihr das nicht von Euch behaupten. Aber warum
bringt Ihr sie her?«
»Zwergenpanzer, Elbenmantel, Klinge des gestürzten Westens, und ein
Späher aus dem abtrünnigen Auenland — nein, fangt nicht wieder an!
Wir wissen es genau — hier sind die Beweise für eine Verschwörung.
Nun, vielleicht war er, der diese Dinge trug, ein Geschöpf, das zu verlie-
ren euch nicht schmerzlich ist; und womöglich das Gegenteil: vielleicht
einer, der euch teuer ist? Wenn ja, dann beratet schnell mit dem bißchen
Verstand, der euch geblieben ist. Denn Sauron liebt keine Späher, und
welches Schicksal ihn erwartet, hängt nun von eurer Entscheidung ab.«
Niemand antwortete ihm; aber er blickte in ihre Gesichter, grau vor
Angst, und sah das Entsetzen in ihren Augen, und er lachte wieder,
denn ihm schien, daß sein Spiel gut stand. »Gut, gut«, sagte er. Er war
euch teuer, wie ich sehe. Oder war sein Auftrag einer, von dem ihr
wünschtet, daß er nicht scheiterte? Er ist gescheitert. Und nun wird er die
jahrelange Folterung erdulden, so lange und so langsam, wie unsere Er-
findungsgabe im Großen Turm sie nur ersinnen kann, und niemals wird
er freigelassen, es sei denn vielleicht, wenn er gewandelt und gezähmt ist,
so daß er zu euch kommen darf und ihr sehen könnt, was ihr angerichtet
habt. So wird es gewiß sein — es sei denn, ihr nehmt die Bedingungen
meines Herrn an.«
»Nennt die Bedingungen«, sagte Gandalf unbewegt, aber diejenigen,
die nahebei standen, sahen die Qual in seinem Gesicht, und nun erschien
er wie ein alter und runzliger Mann, überwältigt, endlich besiegt. Sie
zweifelten nicht, daß er annehmen würde.
»Dieses sind die Bedingungen«, sagte der Bote, und er lächelte, als er
sie einen nach dem anderen ansah. »Der Pöbelhaufen von Gondor und
seine irregeführten Verbündeten sollen sich sofort hinter den Anduin zu-
rückziehen und zuvor den Eid ablegen, daß sie Sauron den Großen nie
wieder mit Waffen angreifen werden, sei es offen oder geheim. Alle
Lande östlich des Anduin sollen Saurons sein auf immerdar, ausschließ-
lich. Westlich des Anduin bis zum Nebelgebirge und der Pforte von
Rohan sollen sie Mordor zinspflichtig sein, und die Männer dort sollen
keine Waffen tragen, doch Erlaubnis haben, ihre Angelegenheiten selbst
zu regeln. Doch werden sie helfen, Isengart wiederaufzubauen, das sie
mutwillig zerstört haben, und das soll Saurons sein, und dort wird sein
Statthalter wohnen: nicht Saruman, sondern ein vertrauenswürdigerer.«
Als sie dem Boten in die Augen schauten, errieten sie seinen Gedan-
ken. Er sollte jener Statthalter sein und alles, was vom Westen blieb, in
seine Gewalt bringen; er würde ihr Herrscher sein und sie seine Hörigen.
Aber Gandalf sagte: »Das ist zu viel gefordert für die Auslieferung
eines einzigen Dieners: daß Euer Herr im Tausch erhalten soll, wofür er
sonst viele Kriege führen müßte, um es zu erlangen! Oder hat das
Schlachtfeld von Gondor seine Kriegshoffnung vernichtet, so daß er zu
feilschen beginnt? Und wenn wir diesen Gefangenen wirklich so hoch
einschätzten, welche Sicherheit haben wir, daß Sauron, der niederträch-
tige Meister des Treubruchs, seine Schuldigkeit erfüllen wird? Wo ist die-
ser Gefangene? Laßt ihn herbringen und uns übergeben, und dann werden
wir diese Forderungen in Erwägung ziehen.«
Es schien Gandalf dann, als er ihn unverwandt beobachtete wie ein
Mann, der mit einem gefährlichen Gegner ficht, daß der Bote einen
Atemzug lang unsicher war; doch rasch lachte er wieder.
»Fangt in eurer Unverschämtheit keine Wortgefechte mit Saurons
Mund an!« rief er. »Sicherheit erbittet ihr! Sauron gibt keine. Wenn
ihr seine Gnade erfleht, dann müßt ihr erst tun, was er gebietet. Das sind
seine Bedingungen. Nehmt sie an oder laßt es bleiben!«
»Diese werden wir nehmen!« sagte Gandalf plötzlich. Er warf seinen
Mantel ab, und ein weißes Licht leuchtete auf an diesem dunklen Platz
wie ein Schwert. Vor seiner erhobenen Hand wich der widerliche Bote zu-
rück, und Gandalf ging auf ihn zu und nahm ihm die Beweise ab: Panzer,
Mantel und Schwert. »Diese werden wir nehmen zur Erinnerung an unse-
ren Freund«, rief er. »Aber was eure Bedingungen anbelangt, so weisen
wir sie ganz und gar zurück. Macht Euch fort, denn Eure Gesandtschaft
ist beendet und Euer Tod nahe. Wir sind nicht hierher gekommen, um bei
Verhandlungen mit Sauron, dem treulosen und verfluchten, Worte zu ver-
schwenden: noch weniger mit einem seiner Sklaven. Fort mit Euch!«
Da lachte der Bote von Mordor nicht mehr. Sein Gesicht verzerrte sich
so vor Verblüffung und Wut, daß es Ähnlichkeit bekam mit einem wilden
Tier, dem, wenn es vor seiner Beute kauert, mit einer scharfen Gerte auf die
Schnauze geschlagen wird. Er wurde von Raserei gepackt, sein Mund gei.
ferte, und ungestalte Laute der Wut kamen würgend aus seiner Kehle.
Aber er sah die grimmigen Gesichter der Heerführer und ihre todbrin-
genden Augen, und Angst trug den Sieg über seinen Zorn davon. Er
stieß einen lauten Schrei aus, wandte sich um, sprang auf sein Roß und
galoppierte mit seiner Schar wie wahnsinnig zurück nach Cirith Gorgor.
Aber während sie ritten, bliesen seine Leute ihre Hörner als ein lange
vereinbartes Zeichen; und ehe sie noch zum Tor kamen, ließ Sauron seine
Falle zuschnappen.
Trommeln dröhnten und Feuer züngelte auf. Alle Torflügel des
Morannon sprangen weit auf. Heraus strömte ein großes Heer so rasch
wie wirbelndes Wasser, wenn eine Schleuse geöffnet wird.
Die Heerführer saßen wieder auf und ritten zurück, und das Heer von
Mordor brach in ein Hohngeschrei aus. Staub stieg auf und machte die
Luft stickig, als von nahebei ein Heer von Ostlingen heranmarschierte,
das in den Schatten des Ered Lithui jenseits des hinteren Turms auf das
Zeichen gewartet hatte. Auf beiden Seiten des Morannon kamen unzäh-
lige Orks von den Bergen herab. Die Menschen des Westens saßen in der
Falle, und rings um die grauen Hügel, auf denen sie standen, schlössen
Heerhaufen, die ihnen an Zahl zehnmal und mehr als zehnmal überlegen
waren, sie in einem Meer von Feinden ein. Sauron hatte den angebotenen
Köder mit einem Rachen aus Stahl geschluckt.
Wenig Zeit blieb Aragorn für seine Schlachtaufstellung. Auf dem
einen Hügel stand er mit Gandalf, und schön und verzweifelt war dort
das Banner mit dem Baum und den Sternen aufgepflanzt. Auf dem ande-
ren Hügel dicht dabei standen die Banner von Rohan und Dol Amroth,
das Weiße Pferd und der Silberne Schwan. Und um jeden Hügel wurde
ein Ring gebildet, der nach allen Seiten schaute und von Speeren und
Schwertern starrte. Aber Mordor gegenüber, wo der erste erbitterte An-
sturm losbrechen würde, standen Elronds Söhne auf der Linken, umgeben
von den Dúnedain, und auf der Rechten Fürst Imrahil mit den Mannen
von Dol Amroth, kühn und schön, und mit ausgewählten Leuten des
Turms der Wacht.
Der Wind wehte und die Trompeten sangen und Pfeile schwirrten; aber
die Sonne, die jetzt den Süden erklomm, war verschleiert in dem Qualm
von Mordor, und durch einen bedrohlichen Dunst schimmerte sie, fern,
ein dunkles Rot, als sei es das Ende des Tages oder vielleicht das Ende der
ganzen Welt des Lichts. Und aus der zunehmenden Düsternis kamen die
Nazgûl mit ihren kalten Stimmen und schrien Worte des Todes; und da
war alle Hoffnung erloschen.
Pippin hatte sich geduckt, von Entsetzen niedergeschmettert, als er
hörte, daß Gandalf die Bedingungen ablehnte und Frodo zu der Folter des
Turms verurteilte; aber nun hatte er sich wieder in der Gewalt und stand
neben Beregond im ersten Glied von Gondor mit Imrahils Mannen. Denn
ihm schien es das beste zu sein, schnell zu sterben und die bittere Ge-
schichte seines Lebens abzuschließen, da doch alles verloren war.
»Ich wünschte, Merry wäre hier«, hörte er sich selbst sagen, und eilige
Gedanken schössen ihm durch den Kopf, als er beobachtete, wie der Feind
zum Angriff herankam. »Ja, ja, jetzt verstehe ich den armen Denethor
jedenfalls ein bißchen besser. Wir könnten zusammen sterben, Merry und
ich, und da wir doch sterben müssen, warum nicht? Nun, da er nicht hier
ist, hoffe ich, er wird ein leichteres Ende finden. Aber jetzt muß ich mein
Bestes tun.«
Er zog sein Schwert und schaute es an und die verschlungenen Formen
in Rot und Gold; und die schwungvollen Schriftzeichen von Númenor
glitzerten wie Feuer auf der Klinge. »Das war just für eine solche Stunde
gemacht«, dachte er. Wenn ich nur diesen widerlichen Boten damit nie-
derstrecken könnte, dann würde ich mit dem alten Merry fast gleichzie-
hen. Na, ehe alles zu Ende ist, werde ich noch einige von dieser viehi-
schen Brut niederstrecken. Ich wünschte, ich könnte noch einmal kühles
Sonnenlicht und grünes Gras sehen!«
Und als er das eben dachte, prallte der erste Angriff auf sie. Die Orks,
durch die vor den Hügeln liegenden Sümpfe behindert, waren stehenge-
blieben und hatten die Reihen der Verteidiger mit Pfeilen überschüttet.
Aber zwischen ihnen hindurch kam, wie Tiere brüllend, eine große Schar
Bergtrolle aus Gorgoroth. Größer und stämmiger als Menschen waren sie
und nur mit einem engsitzenden Netz aus hornigen Schuppen bekleidet,
oder vielleicht war das ihre abscheuliche Haut; aber sie trugen Rund-
schilde, die groß und schwarz waren, und hatten schwere Hämmer in
ihren knorrigen Händen. Unbekümmert sprangen sie in die Tümpel und
wateten hindurch und schrien laut, als sie herankamen. Wie ein Sturm
brachen sie über die Reihen der Mannen von Gondor herein und hieben
auf Helm und Kopf, Arm und Schild wie Schmiede, die auf glühendes
Eisen schlagen. An Pippins Seite wurde Beregond getroffen, er sackte zu-
sammen und stürzte zu Boden; und der große Trollhäuptling, der ihn nie-
dergeschlagen hatte, beugte sich über ihn und streckte seine krallige
Klaue aus, denn diese grausamen Geschöpfe beißen demjenigen, den sie
niederstrecken, die Kehle durch.
Da führte Pippin einen Stoß nach oben, und die beschriftete Klinge von
Westernis drang durch die Haut und tief hinein in die Weichteile des
Trolls, und sein schwarzes Blut sprudelte hervor. Er kippte nach vorn und
krachte nieder wie ein stürzender Fels und begrub diejenigen, die unter
ihm lagen. Schwärze und Gestank und ein zermalmender Schmerz über-
kamen Pippin, und seine Sinne schwanden in einer großen Dunkelheit.
»So endet es, wie ich es mir vorgestellt hatte«, sagte sein Denken, als
es eben davonflatterte; und es lachte ein wenig in ihm, ehe es floh, fast
fröhlich anscheinend, weil es endlich allen Zweifel und Sorge und Angst
abschütteln konnte. Und als es sich eben emporschwang in Vergessenheit,
hörte es Stimmen, und sie schienen in irgendeiner vergessenen Welt hoch
oben zu schreien:
»Die Adler kommen! Die Adler kommen!«
Noch einen Augenblick verharrte Pippins Denken. »Bilbo«, sagte es.
»Aber nein! Das war ja in seiner Geschichte, vor langer, langer Zeit.
Dies hier ist meine Geschichte, und nun ist sie zu Ende. Lebt wohl!« Und
sein Denken floh in weite Feme, und seine Augen sahen nichts mehr.

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