VIERTES KAPITEL
BAUMBART

Derweil gingen die Hobbits so rasch, wie der dunkle und dicht ver-
flochtene Wald es zuließ, den Flußlauf entlang nach Westen und hinauf
zu den Hängen des Gebirges, tiefer und tiefer nach Fangorn hinein. Lang-
sam legte sich ihre Angst vor den Orks, und ihr Schritt wurde gemäch-
licher. Ein seltsames Erstickungsgefühl überkam sie, als ob die Luft zum
Atmen zu dünn oder zu knapp sei.
Schließlich hielt Merry an. »So können wir nicht weitergehen«, keuchte
er. »Ich brauche Luft.«
»Laß uns jedenfalls etwas trinken«, sagte Pippin. »Ich bin ganz ausge-
dörrt.« Er kletterte zu einer großen Baumwurzel, die sich zum Fluß hin-
unterwand, bückte sich und schöpfte mit der hohlen Hand etwas Wasser.
Es war klar und kalt, und er trank viele Schlucke. Merry folgte ihm.
Das Wasser erfrischte sie und schien ihnen neuen Mut einzuflößen; eine
Weile saßen sie zusammen am Flußufer, benetzten ihre wunden Füße und
Beine und betrachteten die Bäume rundum, die sie still umstanden, eine
Reihe hinter der anderen, bis sie in allen Richtungen in grauem Zwielicht
verschwanden.
»Ich nehme an, du hast uns bereits in die Irre geführt?« sagte Pippin
und lehnte sich an einen großen Baumstamm. »Wir können zumindest an
diesem Fluß, Entwasser oder wie immer du ihn nennst, entlanggehen und
auf dem Weg, den wir gekommen sind, wieder hinausgelangen.«
»Das könnten wir, wenn unsere Beine es schafften«, sagte Merry, »und
wenn wir richtig atmen könnten.«
»Ja, es ist alles sehr düster und stickig hier drinnen«, sagte Pippin. »Es
erinnert mich irgendwie an das alte Zimmer in der Großen Behausung der
Tuks in den Smials in Buckelstadt: eine riesige Behausung, wo die Möbel
seit Generationen niemals umgestellt oder ausgewechselt worden waren.
Es heißt, der Alte Tuk habe dort jahrelang gelebt, und er und das
Zimmer wurden gemeinsam älter und schäbiger — und es ist auch nichts
daran verändert worden, seit er vor hundert Jahren starb. Und der Alte
Gerontius war mein Ur-Urgroßvater: es ist also ein bißchen lange her.
Aber das ist nichts gegen den Eindruck von Alter, den dieser Wald her-
vorruft. Schau dir nur die trauernden, hängenden Barte und Barthaare der
Flechten an! Und die meisten Bäume sind halb bedeckt mit zerfetzten
trockenen Blättern, die niemals abzufallen scheinen. Unordentlich. Ich
kann mir nicht vorstellen, wie der Frühling hier aussehen würde, wenn er
je kommt; und noch weniger ein Frühjahrsputz.«
»Aber die Sonne muß jedenfalls manchmal hereingucken«, sagte Merry.
»Es sieht weder so aus, noch hat man ein Gefühl, wie man es nach Bilbos
Beschreibung vom Düsterwald hätte. Der war ganz dunkel und schwarz
und die Heimat dunkler, schwarzer Geschöpfe. Hier ist es bloß dämmrig
und beängstigend baumisch. Man kann sich nicht vorstellen, daß hier
überhaupt Tiere leben oder sich lange aufhalten.«
»Nein, und Hobbits auch nicht«, sagte Pippin. »Und mir gefällt auch
der Gedanke nicht, daß wir versuchen wollen, den Wald zu durchqueren.
Nichts zu essen auf hundert Meilen, nehme ich an. Wie steht's mit unse-
ren Vorräten?«
»Die sind knapp«, sagte Merry. »Wir sind losgerannt mit nichts als ein
paar spärlichen Päckchen lembas in der Tasche und haben alles andere zu-
rückgelassen.« Sie schauten sich an, was ihnen von den Elben-Kuchen
noch geblieben war: zerkrümelte Bruchstücke für etwa fünf magere Tage,
das war alles. »Und nichts, womit wir uns zudecken können«, sagte
Merry. »Wir werden frieren heute nacht, wohin wir auch immer gehen.«
»Na, über den Weg wollen wir uns lieber jetzt gleich klarwerden«,
sagte Pippin. »Der Morgen muß schon weit fortgeschritten sein.«
Gerade da bemerkten sie ein gelbes Licht, das etwas weiter weg im
Wald erschienen war: Sonnenstrahlen waren wohl plötzlich durch das
Walddach gedrungen.
»Nanu! sagte Merry. »Die Sonne muß in eine Wolke geraten sein,
während wir unter diesen Bäumen waren, und ist jetzt wieder hervorge-
kommen; oder aber sie ist schon hoch genug geklettert, um in irgendeine
Lichtung hineinzuscheinen. Es ist nicht weit — laß uns hingehen und
nachschauen!«
Sie fanden, daß es weiter war, als sie gedacht hatten. Der Boden stieg
noch immer steil an und wurde immer steiniger. Das Licht verbreiterte
sich, als sie weitergingen, und bald sahen sie, daß eine Felswand vor
ihnen lag: die Seite eines Berges oder das schroffe Ende irgendeines lan-
gen Ausläufers des fernen Gebirges. Kein Baum wuchs auf ihr, und die
Sonne fiel voll auf ihre steinerne Oberfläche. Die Zweige der Bäume an
ihrem Fuß waren steif und bewegungslos ausgestreckt, als ob sie sich
nach der Wärme reckten. Während bisher alles so schäbig und grau aus-
gesehen hatte, glänzte der Wald jetzt in satten Brauntönen und dem glat-
ten Schwarzgrau der Rinde wie gewichstes Leder. Die Baumstämme leuch-
teten in einem sanften Grün wie junges Gras: Vorfrühling oder ein flüch-
tiges Traumbild des Frühlings lag auf ihnen.
An der Vorderseite der steinernen Wand war etwas Ähnliches wie eine
Treppe: eine natürliche vielleicht, die durch das Verwittern und Absplit-
tern des Felsen entstanden war, denn sie war rauh und uneben. Hoch
oben, fast in gleicher Höhe mit den Wipfeln der Waldbäume, war eine
Felsplatte, überragt von einem Felsen. Nichts wuchs dort außer ein paar
Gräsern und Unkräutern an ihrem Rand und einem alten Baumstumpf,
der nur noch zwei herabhängende Äste hatte: er sah fast aus wie die
Gestalt eines knorrigen alten Mannes, der dort stand und in der Morgen-
sonne blinzelte.
»Da gehen wir hinauf!« sagte Merry fröhlich. »Um Luft zu schnappen
und einen Blick auf das Land zu werfen!«
Sie klommen und kletterten den Felsen hinauf. Wenn die Treppe ange-
legt worden war, dann jedenfalls für größere Füße und längere Beine als
ihre. Sie waren zu eifrig bei der Sache, um sich darüber zu verwundem,
wie bemerkenswert schnell die Schrammen und Wunden ihrer Gefangen-
schaft geheilt und ihre Lebenskraft zurückgekehrt war. Schließlich kamen
sie zum Rande der Felsplatte fast am Fuße des alten Baumstumpfes; dann
sprangen sie auf, wandten dem Berg den Rücken zu, holten tief Luft und
schauten hinaus nach Osten. Sie sahen, daß sie erst etwa drei oder vier
Meilen weit in den Wald hineingekommen waren: die Kronen der Bäume
zogen sich den Hang hinunter bis zur Ebene. Dort, dicht am Saum des
Waldes, stieg in hohen Spiralen schwarzer, sich ringelnder Rauch auf, der
wallend zu ihnen herüberzog.
»Der Wind springt um«, sagte Merry. »Er hat wieder nach Osten ge-
dreht. Es ist kalt hier oben.«
»Ja«, sagte Pippin, »ich fürchte, es ist nur ein vorübergehender Glanz,
und alles wird wieder grau werden. Wie schade! Dieser überwucherte alte
Wald sah im Sonnenschein ganz anders aus. Ich hatte fast das Gefühl,
daß mir die Gegend gefällt.«
»Hattest fast das Gefühl, daß dir der Wald gefällt! Das ist gut! Das ist
ungemein freundlich von dir«, sagte eine fremde Stimme. »Dreht euch
mal um und laßt mich eure Gesichter sehen. Ich habe fast das Gefühl, daß
ihr mir beide nicht gefallt, aber wir wollen nicht hastig sein. Dreht euch
um!« Eine große Hand mit knorrigen Knöcheln legte sich ihnen auf die
Schulter, und sie wurden herumgedreht, sanft, aber unwiderstehlich;
dann hoben zwei gewaltige Arme sie hoch.
Sie schauten in ein höchst ungewöhnliches Gesicht. Es gehörte zu einer
großen, menschenähnlichen, fast trollähnlichen Gestalt, mindestens vier-
zehn Fuß lang, sehr stämmig, mit einem hohen Kopf und kaum
einem Hals. Ob sie in einen Stoff, der wie grüne und graue Rinde aussah,
gekleidet war oder ob das ihre Haut war, war schwer zu sagen. Jedenfalls
waren die Arme, ziemlich nahe am Rumpf, nicht runzlig, sondern mit
einer braunen, glatten Haut bedeckt. Die großen Füße hatten je sieben
Zehen. Der untere Teil des langen Gesichts war mit einem wallenden
grauen Bart bedeckt, buschig, fast zweigartig an den Wurzeln, dünn und
moosig an den Enden. Aber im Augenblick bemerkten die Hobbits
wenig außer den Augen. Diese tiefliegenden Augen sahen sie jetzt prü-
fend an, gemessen und ernst, aber sehr durchdringend. Sie waren braun,
mit einem hellen Grün gesprenkelt. Später hat Pippin oft versucht, seinen
ersten Eindruck von diesen Augen zu beschreiben.
»Man hatte das Gefühl, als ob ein gewaltiger Brunnenschacht hinter
ihnen lag, angefüllt mit den Erinnerungen einer unendlich langen Zeit
und langem, bedächtigem, beharrlichem Denken; aber auf ihrer Ober-
fläche schillerte die Gegenwart: wie Sonne, die auf den äußeren Blättern
eines riesigen Baumes schimmert, oder wie das Wellengekräusel auf
einem sehr tiefen See. Ich weiß nicht, aber man hatte das Gefühl, als ob
etwas, das im Boden wächst — schlafend, könnte man sagen, oder sich
einfach selbst als etwas zwischen Wurzelspitze und Blattspitze, zwischen
riefer Erde und Himmel Empfindendes —, plötzlich erwacht war und einen
mit derselben bedächtigen Aufmerksamkeit betrachtete, die es seit endlo-
sen Jahren seinen eigenen inneren Gedanken geschenkt hatte.«
»Hram, Hum«, murmelte die Stimme, eine tiefe Stimme wie ein sehr
tiefes Holzblasinstrument. »Sehr merkwürdig, in der Tat! Sei nicht hastig,
das ist mein Wahlspruch. Aber wenn ich euch gesehen hätte, ehe ich eure
Stimmen hörte — die gefielen mir: nette, kleine Stimmen; sie erinnerten
mich an etwas, dessen ich mich nicht entsinnen kann —, wenn ich euch ge-
sehen hätte, ehe ich euch hörte, dann hätte ich euch einfach zertreten, ich
hätte euch für kleine Orks gehalten und meinen Irrtum hinterher erkannt.
Sehr merkwürdig seid ihr, in der Tat. Wurzel und Zweig, sehr merkwür-
dig!«
Pippin war zwar immer noch erstaunt, fürchtete sich aber nicht mehr.
Unter dem Blick dieser Augen verspürte er eine seltsame Bangigkeit,
aber keine Furcht. »Bitte«, sagte er, »wer seid Ihr? Und was seid Ihr?«
Die alten Augen bekamen einen sonderbaren Ausdruck, eine Art
Vorsicht; die tiefen Brunnen waren jetzt bedeckt. »Hram, je nun«, ant-
wortete die Stimme, »ja, ich bin ein Ent, oder so nennen sie mich. Ja, Ent
ist das Wort. Der Ent bin ich, könntet ihr nach eurer Sprechweise sagen.
Fangorn lautet mein Name bei manchen. Baumbart machen andere dar-
aus. Baumbart wird angehen.«
»Ein Ent!« fragte Merry. »Was ist das? Aber wie nennt Ihr Euch denn
selbst? Wie ist Euer richtiger Name?«
»Hu, nun!« erwiderte Baumbart. »Hu! Das hieße ein Geheimnis verra-
ten! Nicht so hastig. Und ich stelle die Fragen. Ihr seid in meinem Land.
Wer seid ihr, das möchte ich mal wissen? Ich kann euch nicht unterbrin-
gen. Ihr scheint nicht auf den alten Listen zu stehen, die ich gelernt habe,
als ich jung war. Aber das war vor langer, langer Zeit, und vielleicht
sind neue Listen aufgestellt worden. Laßt mich sehen! Laßt mich sehen!
Wie ging es doch?
Lerne die Namen der lebenden Wesen!
Erst nenne die vier, die freien Völker:

Die ältesten aller, die Elbenkinder;
Zwerg, der Schatzgräber, hausend im Dunkel;
Ent, der Erdsproß, alt wie die Berge;
Mensch, der sterbliche, Herr der Pferde:
Hm, hm, hm.
Hm, hm.
Bieber Baumeister, Rehbock Springer,
Bär sucht Honig, Eber will kämpfen:

Hund ist hungrig, Hase ist furchtsam ...
Adler in Lüften, Rind auf der Weide,
Hirsch der Geweihfürst; Habicht der Schnellste;

Schwan ist am weißesten, Schlange am kältesten
Hum, hm; hum, hm, wie ging es denn? Rum tam, rum tam, rumti tum
tam. Es war eine lange Liste. Aber jedenfalls scheint ihr nirgends hinein-
zupassen!«
»Wir werden offenbar bei den alten Listen immer ausgelassen, und bei
den alten Geschichten auch«, sagte Merry. »Und dennoch sind wir schon
ziemlich lange da. Wir sind Hobbits.«
»Warum nicht eine neue Zeile machen?« fragte Pippin.
Hobbits, die Halblinge, Erdlochbewohner.
Schiebt uns bei den vieren ein, nach dem Menschen (den Großen Leuten),
dann habt Ihr es.«
»Hm, nicht schlecht, nicht schlecht«, sagt Baumbart. »Das würde ge-
hen. Ihr lebt also in Höhlen, wie? Das klingt sehr richtig und angemessen.
Aber wer nennt euch eigentlich Hobbits? Das klingt mir gar nicht
elbisch. Die Elben haben all die alten Wörter gemacht: sie haben damit
angefangen.«
»Niemand sonst nennt uns Hobbits; so nennen wir uns selbst«, sagte
Pippin.
»Hum, hmm! Sachte, sachte! Nicht so hastig! Ihr nennt euch selbst
Hobbits? Aber das solltet ihr nicht jedem erzählen. Ihr werdet euren
eigenen Namen verraten, wenn ihr nicht vorsichtig seid.«
»Damit sind wir nicht vorsichtig«, sagte Merry. »Tatsächlich bin ich
ein Brandybock, Meriadoc Brandybock, obwohl mich die meisten Leute
einfach Merry nennen.«
»Und ich bin ein Tuk, Peregrin Tuk, aber ich werde im allgemeinen
Pippin oder einfach Pip genannt.«
»Hm, aber ihr seid wirklich hastige Leute, sehe ich«, sagte Baumbart.
»Euer Vertrauen ehrt mich; aber ihr solltet nicht gleich so offenherzig
sein. Es gibt Ents und Ents, wißt ihr; oder es gibt Ents und Lebewesen,
die wie Ents aussehen, aber keine sind, könnte man sagen. Ich werde euch
Merry und Pippin nennen, wenn ihr erlaubt — nette Namen. Denn meinen
Namen werde ich euch nicht sagen, jedenfalls jetzt noch nicht.« Ein selt-
samer Ausdruck, halb listig, halb lustig, trat mit einem grünen Flackern
in seine Augen. »Denn erstens würde es viel Zeit kosten: mein Name
wächst dauernd, und ich lebe schon sehr, sehr lange; deshalb ist mein
Name wie eine Geschichte. Wirkliche Namen erzählen einem in meiner
Sprache, im alten Entisch, wie ihr sagen könntet, die Geschichte der
Dinge, zu denen sie gehören. Es ist eine wunderschöne Sprache, aber es
braucht viel Zeit, etwas in ihr zu sagen, weil wir gar nichts in ihr sagen,
es sei denn, es lohnt sich, so viel Zeit aufzuwenden, um es zu sagen und
anzuhören.
»Aber nun«, und die Augen wurden ganz strahlend und »gegen-
wärtig« und schienen kleiner zu werden und fast scharf, »was geht
eigentlich vor? Und was habt ihr bei alledem zu tun? Ich kann eine
Menge sehen und hören (und riechen und fühlen) von diesem ... von die-
sem ... von diesem a-lalla-lalla-rumba-kamanda-lind-or-burúme. Ent-
schuldigt, das ist ein Teil meines Namens dafür; ich weiß nicht, wie das
Wort in den Sprachen draußen heißt: ihr wißt schon, das Ding, auf dem
wir sind, wo ich an schönen Morgen stehe und Ausschau halte und über
die Sonne nachdenke und über das Gras hinter dem Wald und die Pferde
und die Wolken und den Lauf der Welt. Was geht vor? Was führt Gan-
dalf im Schilde? Und diese — burárum ...«, er gab einen riefen, poltern-
den Ton von sich wie ein Mißklang auf einer großen Orgel — »diese
Orks, und der junge Saruman unten in Isengart? Ich höre gerne Neuigkei-
ten. Aber nun nicht zu rasch.«
»Es geht eine ganze Menge vor«, sagte Merry, »und selbst wenn wir
versuchten, rasch zu sein, würde es lange Zeit brauchen, es zu erzählen.
Aber Ihr sagtet uns, wir sollten nicht hastig sein. Sollten wir Euch irgend
etwas so bald erzählen? Würdet Ihr es unhöflich finden, wenn wir frag-
ten, was Ihr mit uns tun wollt und auf welcher Seite Ihr seid? Und habt
Ihr Gandalf gekannt?«
»Ja, ich kenne ihn: der einzige Zauberer, der sich wirklich etwas aus
Bäumen macht«, sagte Baumbart. »Kennt ihr ihn?«
»Ja«, sagte Pippin traurig. »Wir kannten ihn. Er war ein guter Freund,
und er war unser Führer.«
»Dann kann ich eure anderen Fragen beantworten«, sagte Baumbart.
»Ich werde nicht irgend etwas mit euch tun: nicht, wenn ihr damit meint,
>euch etwas antun< ohne eure Einwilligung. Es könnte sein, daß wir zu-
sammen etwas tun. Ich weiß nicht über Seiten Bescheid. Ich gehe meinen
eigenen Weg; aber euer Weg mag eine Zeitlang neben meinem herlaufen.
Doch sprecht ihr von Meister Gandalf, als komme er in einer Geschichte
vor, die beendet ist.«
»Ja«, sagte Pippin traurig. »Die Geschichte scheint weiterzugehen, aber
ich fürchte, Gandalf kommt nicht mehr darin vor.«
»Hu, sachte, sachte«, sagte Baumbart. »Hum, hm, je nun.« Er hielt inne
und schaute die Hobbits lange an. »Hum, je nun, ich weiß nicht, was ich
sagen soll. Sachte, sachte!«
»Wenn Ihr gern mehr hören möchtet«, sagte Merry, »werden wir es
Euch erzählen. Aber das dauert einige Zeit. Würdet Ihr uns nicht gern
absetzen? Könnten wir nicht hier zusammen in der Sonne sitzen, solange
sie scheint? Ihr müßt müde werden, wenn Ihr uns immer haltet.«
»Hm, müde? Nein, ich bin nicht müde. Ich werde nicht leicht
müde. Und ich setze mich nicht hin. Ich bin nicht sehr, hm, biegsam.
Aber schaut, die Sonne verschwindet wirklich. Laßt uns fortgehen von
diesem — habt ihr gesagt, wie ihr ihn nennt?«
»Berg?« schlug Pippin vor. »Felsplatte? Stufe?« meinte Merry. Baum-
bart wiederholte die Wörter nachdenklich. »Berg. Ja, das war es. Aber es
ist ein hastiges Wort für ein Ding, das hier immer gestanden hat, seit die-
ser Teil der Welt gestaltet wurde. Macht nichts. Laßt uns gehen.«
»Wohin werden wir gehen?« fragte Merry.
»In mein Haus, in eins meiner Häuser«, antwortete Baumbart.
»Ist es weit?«
»Ich weiß nicht. Ihr mögt es vielleicht weit nennen. Aber was macht
das schon?«
»Ja, wir haben nämlich all unsere Habe verloren«, sagte Merry. »Wir
haben nur wenig zu essen.«
»Oh. Hm. Darüber braucht ihr euch keine Sorgen zu machen«, sagte
Baumbart. »Ich kann euch einen Trank geben, der euch für eine lange,
lange Zeit frisch und munter erhalten wird. Und wenn wir beschließen,
uns zu trennen, dann kann ich euch außerhalb meines Landes an jedem
Punkt absetzen, den ihr bestimmt. Laßt uns gehen!«
Baumbart hielt die Hobbits sanft, aber fest, jeden in einer Armbeuge,
und hob erst den einen Fuß, dann den anderen, und schob die Füße an den
Rand der Felsplatte. Die wurzelähnlichen Zehen krallten sich am Felsen
fest. Dann stieg er steifbeinig, vorsichtig und gemessen Stufe um Stufe
hinab, bis er zum Grund des Waldes kam.
Dort machte er sich sogleich mit langen, bedächtigen Schritten auf den
Weg durch die Bäume, tiefer und tiefer in den Wald hinein, niemals weit
vom Fluß, und stetig ging es hinauf zu den Hängen der Berge. Viele der
Bäume schienen zu schlafen oder ihn ebenso wenig zu bemerken wie
irgendein anderes Geschöpf, das lediglich vorbeiging; doch einige bebten,
und einige hoben ihre Äste hoch über seinen Kopf, als er sich näherte.
Alldieweil, während er ging, sprach er mit sich selbst in einem langen,
ununterbrochenen Schwall melodischer Töne.
Die Hobbits schwiegen eine Zeitlang. Merkwürdigerweise fühlten sie
sich sicher und behaglich, und es gab sehr viel, über das sie nachdenken
und sich verwundern konnten. Schließlich wagte Pippin, wieder zu spre-
chen.
»Bitte, Baumbart«, sagte er, »darf ich Euch etwas fragen? Warum hat
Celeborn uns vor dem Wald gewarnt? Er sagte uns, wir sollten uns hüten,
hineinzugeraten.«
»Hmm, hat er das gesagt?« grummelte Baumbart. »Und ich hätte viel-
leicht ziemlich dasselbe gesagt, wenn ihr in der anderen Richtung gegan-
gen wärt. Hütet euch, in den Wald von Laurelindórenan zu geraten! So
pflegten ihn die Elben zu nennen, aber jetzt haben sie den Namen ver-
kürzt: Lothlórien nennen sie es. Vielleicht haben sie recht: es mag sein,
daß er dahinschwindet und nicht mehr wächst. Das Land des Tals des
Singenden Goldes war es einstmals. Jetzt ist es die Traumblume. Nun ja!
Aber es ist eine sonderbare Gegend, und nicht jedermann darf sich hin-
einwagen. Ich bin überrascht, daß ihr überhaupt wieder herauskamt, und
noch viel überraschter, daß ihr überhaupt hineinkamt: das ist Fremden
seit vielen Jahren nicht gelungen. Es ist ein sonderbares Land.
Und dieses auch. Hier haben die Leute Schaden erlitten. Freilich, Scha-
den. Laurelindórenan lindelorendor malinornélion ornemalin«, summte er
vor sich hin. »Sie bleiben hinter der Welt zurück da drinnen, vermute
ich«, sagte er. »Weder dieses Land noch irgend etwas anderes außerhalb
des Goldenen Waldes ist, was es war, als Celeborn jung war. Immerhin:
Taurelilómëa-tumbalemorna Tumbaletaurëa Lómëanor
das pflegten sie zu sagen. Die Dinge haben sich geändert, aber in man-
chen Gegenden ist es noch wahr.«
»Was meint Ihr?« fragte Pippin. »Was ist wahr?«
»Die Bäume und die Ents«, sagte Baumbart. »Ich verstehe selbst nicht
alles, was vorgeht, deshalb kann ich es euch nicht erklären. Einige von
uns sind immer noch wahre Ents und auf unsere Weise lebendig genug,
aber viele werden schläfrig, werden baumisch, könnte man sagen. Die
meisten Bäume sind natürlich einfach Bäume; aber viele sind halb wach.
Manche sind hellwach, und ein paar, nun ja, werden richtig Entisch. Das
geschieht immer.
»Wenn das einem Baum widerfährt, stellt man fest, daß einige
schlechte Herzen haben. Das hat nichts mit ihrem Holz zu tun: das meine
ich nicht. Nun ja, ich kannte ein paar gute alte Weiden unten an der Ent-
wasser, sie sind schon lange tot, leider l Sie waren ganz hohl, sie brachen tat-
sächlich auseinander, aber sie waren so friedlich und gutartig wie ein jun-
ges Blatt. Und dann gibt es einige Bäume in den Tälern unter dem Ge-
birge, gesund wie ein Fisch im Wasser und dennoch durch und durch
schlecht. Diese Sache scheint sich auszubreiten. Früher gab es einige sehr
gefährliche Gegenden in diesem Land. Noch immer gibt es ein paar sehr
finstere Stellen.«
»Wie der Alte Wald im Norden, meint Ihr das?« fragte Merry.
»Freilich, freilich, so ähnlich, aber viel schlimmer. Ich zweifle nicht,
daß irgendein Schatten der Großen Dunkelheit noch da oben im Norden
liegt; und schlechte Erinnerungen sind überliefert. Doch gibt es enge
Täler in diesem Land, von denen die Dunkelheit niemals hinweggezogen
wurde, und die Bäume sind älter als ich. Immerhin, wir tun, was wir kön-
nen. Wir halten Fremde und die Waghalsigen fern. Und wir lehren und
unterrichten, wir wandern und sehen nach dem Rechten.
Wir sind Baumhirten, wir alten Ents. Wenig genug sind heute von uns
noch übrig. Schafe werden wie Schafhirten und Schafhirten wie Schafe,
heißt es; aber langsam, und beide weilen nicht lange auf dieser Welt. Es
geht schneller und gründlicher bei Bäumen und Ents, und gemeinsam
wandeln sie durch die Zeitalter. Denn Ents sind mehr wie Elben: weniger
auf sich selbst bezogen als Menschen, und sie vermögen sich besser
in andere hineinzuversetzen. Und dennoch sind Ents wiederum den Men-
schen ähnlicher, wandelbarer als Elben, und nehmen rascher, könnte man
sagen, die Farbe der Außenwelt an. Oder besser als beide: denn sie sind
standhafter und verfolgen ihre Ziele länger.
Manche von meiner Sippe sehen jetzt genau wie Bäume aus und brauchen
etwas Großes, um sie aufzurütteln; und wenn sie sprechen, flüstern sie
nur. Aber manche von meinen Bäumen sind astgeschmeidig, und viele
können mit mir reden. Natürlich begannen die Elben damit, die Bäume
aufzuwecken und sie das Sprechen zu lehren und ihre Baumsprache zu
lernen. Sie wollten immer mit allem reden, die alten Elben. Aber dann
kam die Große Dunkelheit, und sie zogen über das Meer oder flohen in
ferne Täler und verbargen sich und machten Gedichte über die Tage, die
niemals wiederkommen werden. Niemals wieder. Freilich, freilich, einst-
malen war alles ein Wald von hier bis zu den Bergen von Luhn, und dies
hier war einfach das Ostende.
Das waren damals helle Tage! Die Zeit ist vorbei, da ich den ganzen
Tag wandern und singen konnte und nichts hörte als den Widerhall mei-
ner eigenen Stimme in den schluchtenreichen Bergen. Die Wälder waren
wie die Wälder von Lothlórien, nur dichter, kräftiger, jünger. Und wie die
Luft duftete! Ich verbrachte manchmal eine ganze Woche nur mit
Atmen.«
Baumbart verfiel in Schweigen, schritt mächtig aus und machte den-
noch mit seinen großen Füßen kaum ein Geräusch. Dann begann er wie-
der zu summen, und daraus entstand eine murmelnde Melodie. Allmäh-
lich merkten die Hobbits, daß er ihnen vorsang:
Ich ging durch die Fluren von Tasarinan im Frühling.
Ah! Der Duft und die Farben des Frühlings in Nan-tasarion!
Und ich sagte: Dieses ist gut.
Ich zog durch die Ulmenwälder von Ossiriand im Sommer.
Ah! Die Musik und das Licht im Sommer an den Sieben
Strömen von Ossir!
Und ich dachte: Dies ist das Beste.
Zu den Buchen von Neldoreth kam ich im Herbst.

Ah! Das Gold und das Rot und das Seufzen der Blätter im
Herbst in Taur-na-neldor!
Jeder Wunsch war gestillt.
Zu den Kiefern im Hochland von Dorthonion stieg ich

im Winter hinauf.
Ah! Der Wind und das Weiß und das schwarze Geäst des

Winters auf Orod-na-Thôn!
Zum Himmel stieg meine Stimme hinauf und sang.
Nun aber liegen all jene Länder unter der Woge,
Und ich wandre in Ambarona, in Tauremorna, in Aldalómë,
In meinem eigenen Reich, im Fangornlande,
Wo Wurzeln tief hinabreichen.

Und die Jahre schichten sich höher als Laub unter Bäumen
In Tauremornalómë.

Er endete und ging schweigend weiter, und in dem ganzen Wald war, so
weit das Ohr reichte, kein Laut zu hören.
Der Tag verblaßte, und die Dämmerung umschlang die Stämme der
Bäume. Endlich sahen die Hobbits, düster vor sich aufragend, ein steiles,
dunkles Land: sie waren am Fuß des Gebirges angelangt und an den grü-
nen Ausläufern des hohen Methedras. Den Berg herab kam ihnen die
junge Entwasser entgegen, von ihren Quellen hoch oben geräuschvoll
über Stufe um Stufe springend. Zur Rechten des Flusses erstreckte sich
ein langer Abhang, mit Gras bedeckt, jetzt grau im Zwielicht. Keine
Bäume wuchsen dort, und er lag offen unter dem Himmel; Sterne runkel-
ten schon in Seen zwischen Ufern aus Wolken.
Baumbart stieg den Abhang hinauf, und sein Schritt verlangsamte sich
kaum. Plötzlich sahen die Hobbits eine breite Öffnung vor sich. Zwei
Bäume standen dort, einer auf jeder Seite, wie lebende Torpfosten; aber es
gab kein Tor, abgesehen von ihren sich kreuzenden und miteinander ver-
flochtenen Zweigen. Als der alte Ent näherkam, hoben die Bäume ihre
Äste, und alle ihre Blätter zitterten und raschelten. Denn es waren immer-
grüne Bäume, und ihre Blätter waren dunkel und glänzend und schimmer-
ten im Zwielicht. Hinter ihnen war ein weiter, ebener Raum, als ob der
Fußboden einer großen Halle in den Berg hineingehauen worden sei. Auf
beiden Seiten stiegen die Wände schräg an, bis sie fünfzig Fuß oder noch
höher waren, und entlang jeder Wand stand eine Reihe Bäume, die nach
innen zu auch immer höher wurden.
An ihrem hinteren Ende war die Felswand steil, aber unten war sie
ausgehöhlt worden zu einem nicht tiefen Gemach mit einem gewölbten
Dach: das einzige Dach der Halle, abgesehen von den Zweigen der
Bäume, die am inneren Ende den ganzen Boden beschatteten und nur
einen breiten offenen Pfad in der Mitte freiließen. Ein kleiner Bach ent-
wischte oben an den Quellen dem Hauptstrom, stürzte hell klingend über
die jäh abfallende Felswand und strömte in silbernen Tropfen wie ein zar-
ter Vorhang vor dem gewölbten Gemach herab. Das Wasser wurde in
einem steinernen Becken auf dem Boden zwischen den Bäumen wieder
aufgefangen, dort lief es über und floß neben dem offenen Pfad davon,
um sich draußen der Entwasser zu ihrer Reise durch den Wald wieder an-
zuschließen.
»Hm! Da sind wir!» sagte Baumbart und brach damit sein langes
Schweigen. »Ich habe euch etwa siebzigtausend Ent-Schritte weit herge-
bracht, aber wieviel das nach dem Maß eures Landes ist, weiß ich nicht.
Jedenfalls sind wir nahe am Fuß des Letzten Berges. Ein Teil des Namens
dieses Orts könnte Quellhall sein, wenn er in eure Sprache übersetzt
würde. Mir gefällt er. Hier wollen wir heute nacht bleiben.« Er setzte sie
auf dem Gras zwischen den Baumreihen ab, und sie folgten ihm zu dem
großen Gewölbe. Die Hobbits merkten jetzt, daß er beim Gehen die Knie
kaum beugte, seine Beine aber zu langen Schritten ausholten. Seine gro-
ßen Zehen (und sie waren wirklich groß und sehr breit) setzte er vor
jedem anderen Teil seines Fußes fest auf den Boden.
Einen Augenblick blieb Baumbart unter dem Regen der herabstürzen-
den Quelle stehen und holte tief Luft; dann lachte er und ging hinein. Ein
großer Steintisch stand dort, aber kein Stuhl. Im hinteren Teil des
Gemachs war es schon ganz dunkel. Baumbart nahm zwei große Gefäße
auf und stellte sie auf den Tisch. Sie schienen mit Wasser gefüllt zu sein;
doch als er seine Hände über sie hielt, begannen sie sofort zu leuchten,
das eine mit einem goldenen und das andere mit einem satten, grünen
Licht; vereint erhellten die beiden Lichter das Gemach, als ob die Som-
mersonne durch ein Dach aus jungen Blättern scheine. Als die Hobbits
zurückschauten, sahen sie, daß auch die Bäume in dem Vorhof zu leuch-
ten begonnen hatten, schwach zuerst, aber zunehmend stärker, bis jedes
Blatt von Licht gesäumt war: manche grün, manche golden, manche rot
wie Kupfer; und die Baumstämme sahen wie Säulen aus leuchtendem
Stein aus.
»Gut, gut, jetzt können wir uns wieder unterhalten«, sagte Baumbart.
»Ihr seid durstig, nehme ich an. Vielleicht seid ihr auch müde. Trinkt das
hier!« Er ging in den hinteren Teil des Gemachs und dann sahen sie, daß
dort mehrere große Steinkrüge mit schweren Deckeln standen. Einen der
Deckel nahm er ab, tauchte eine große Schöpfkelle in den Krug und füllte
drei Schalen, eine sehr große und zwei kleinere Schalen.
»Dies ist ein Ent-Haus«, sagte er, »und da gibt es leider keine Stühle.
Aber ihr dürft euch auf den Tisch setzen.« Er hob die Hobbits auf und
setzte sie auf die große Steinplatte, sechs Fuß über dem Boden, und da
saßen sie, ließen ihre Beine baumeln und tranken in kleinen Schlucken.
Der Trunk war wie Wasser, tatsächlich schmeckte er sehr ähnlich wie
das Wasser der Entwasser, das sie nahe am Waldrand getrunken hatten,
und trotzdem hatte er einen Duft oder eine Würzigkeit, die sie an den Ge-
ruch eines fernen Waldes erinnerte, von einem kühlen Nachtwind her-
übergetragen. Die Wirkung des Trunks begann in den Zehen, zog durch
sämtliche Glieder und brachte Erfrischung und Kraft, während sie bis in
die Haarspitzen hinaufstieg. Die Hobbits merkten geradezu, wie sich ihre
Haare aufrichteten, sich wellten und kräuselten und wuchsen. Was Baum-
hart betraf, so badete er zuerst seine Füße in dem Becken unter dem Ge-
wölbe und leerte dann seine Schale in einem Zug, einem langen, langsa-
men Zug. Die Hobbits glaubten, er würde niemals aufhören.
Endlich setzte er die Schale ab. »Ah — ah«, seufzte er. »Hm, hum, jetzt
können wir uns leichter unterhalten. Ihr könnt auf dem Boden sitzen, und
ich werde mich niederlegen; das wird verhindern, daß mir der Trunk zu
Kopf steigt und mich schläfrig macht.«
Auf der rechten Seite des Gemachs stand ein großes, niedriges Bett,
nicht mehr als zwei Fuß hoch, dicht bedeckt mit getrocknetem Gras und
Adlerfarn. Baumbart ließ sich langsam darauf nieder (mit nur der leich-
testen Andeutung einer Beugung der Körpermitte), bis er lang ausge-
streckt dalag, die Arme hinter dem Kopf, und zur Decke hinaufblickte,
auf der Lichter flackerten wie das Spiel von Blättern im Sonnenschein.
Merry und Pippin saßen neben ihm auf Kissen aus Gras.
»Nun erzählt eure Geschichte, und übereilt euch nicht!« sagte Baum-
bart.
Die Hobbits begannen, ihm alle ihre Abenteuer seit dem Aufbruch
von Hobbingen zu erzählen. Sie hielten die Reihenfolge nicht sehr genau
ein, denn sie fielen sich dauernd gegenseitig ins Wort, und Baumbart un-
terbrach den Sprecher oft und kam auf irgendeinen früheren Punkt zu-
rück oder stellte Fragen über spätere Ereignisse. Sie sagten nicht das Ge-
ringste über den Ring und erzählten ihm auch nicht, warum sie sich auf
den Weg gemacht hatten oder wohin sie gehen wollten; und er fragte
auch gar nicht nach Gründen.
Er war ungemein begierig, über alles etwas zu erfahren: über die Rei-
ter, über Elrond und Bruchtal, über den Alten Wald und Tom Bombadil,
die Minen von Moria und Lothlórien und Galadriel. Immer wieder ließ er
sich das Auenland und seine Landschaft beschreiben. An diesem Punkt
sagte er etwas Merkwürdiges. »Ihr seht niemals irgendwelche, hm,
irgendwelche Ents dort in der Gegend, oder?« fragte er. »Na ja, nicht
Ents, Entfrauen sollte ich eigentlich sagen.«
"Entfrauen?" fragte Pippin. »Sind die überhaupt wie Ihr?«
»Ja, hm, ach nein: ich weiß es jetzt wirklich nicht«, sagte Baumbart
nachdenklich. »Aber euer Land würde ihnen gefallen, deshalb kam ich
nur drauf.«
Besonders wißbegierig war Baumbart indes bei allem, was Gandalf
betraf; und die allergrößte Neugier zeigte er in bezug auf Sarumans Tun
und Lassen. Die Hobbits bedauerten sehr, daß sie so wenig darüber wuß-
ten: sie konnten sich nur auf einen sehr ungenauen Bericht von Sam stüt-
zen über das, was Gandalf dem Rat erzählt hatte. Aber jedenfalls waren
sie sich darüber klar, daß Uglúk und seine Schar aus Isengart gekommen
waren und von Saruman als ihrem Herrn gesprochen hatten.
»Hm, hum«, sagte Baumbart, als ihre Geschichte nach vielem Hin und
Her endlich bei der Schlacht zwischen den Orks und den Reitern von
Rohan angekommen war. »Gut, gut! das ist wahrlich ein ganzes Bündel
von Neuigkeiten. Ihr habt mir nicht alles erzählt, nein, wirklich nicht,
ganz und gar nicht. Aber ich zweifle nicht, daß ihr euch so verhaltet, wie
Gandalf es wünschen würde. Da ist etwas sehr Wichtiges im Gange, das
kann ich sehen, und was es ist, werde ich vielleicht zur rechten Zeit er-
fahren, oder zur Unzeit. Bei Wurzel und Zweig, das ist doch eine seltsame
Angelegenheit: da wächst ein kleines Volk heran, das nicht in den alten
Listen steht, und siehe da! die vergessenen Neun Reiter erscheinen wieder,
um sie zu jagen und Gandalf nimmt sie auf eine große Fahrt mit, und
Galadriel beherbergt sie in Caras Galadhon, und Orks verfolgen sie über
all die Wegstunden von Wilderland: sie scheinen wahrlich in einen gro-
ßen Sturm geraten zu sein. Ich hoffe, sie überstehen ihn!«
»Und wie ist es mit Euch selbst?« fragte Merry.
»Hum, hm, ich habe mich nicht um die Großen Kriege gekümmert«,
sagte Baumbart. »Sie betreffen hauptsächlich Elben und Menschen. Das
ist die Angelegenheit von Zauberern: Zauberer kümmern sich immer um
die Zukunft. Ich mache mir nicht gern Sorgen um die Zukunft. Ich bin
nicht ganz und gar auf der Seite von irgend jemandem, denn niemand ist
ganz und gar auf meiner Seite, wenn ihr versteht, was ich meine: nieman-
dem liegen die Wälder so am Herzen, wie sie mir am Herzen liegen, nicht
einmal den Elben heutzutage. Dennoch habe ich freundlichere Gefühle für
die Elben als für andere, denn die Elben waren es, die uns vor langer Zeit
von der Stummheit heilten, und das war ein großes Geschenk, das nicht
vergessen werden kann, obwohl unsere Wege sich seitdem getrennt
haben. Und dann gibt es natürlich einige Lebewesen, auf deren Seite ich
ganz und gar nicht bin: diese burárum — wieder gab er einen tiefen,
grummelnden Laut des Mißfallens von sich —, diese Orks und ihre Herren.
Ich war damals besorgt, als der Schatten über Düsterwald lag, doch als
er sich nach Mordor zurückzog, machte ich mir eine Weile keine Gedan-
ken mehr: Mordor ist weit weg. Doch scheint es, daß der Wind von Osten
weht, und es mag sein, daß das Verdorren aller Wälder näherrückt. Es
gibt nichts, was ein alter Ent tun kann, um den Sturm aufzuhalten: er
muß ihn überstehen oder zugrunde gehen.
Aber Saruman jetzt! Saruman ist ein Nachbar: ihn kann ich nicht
übersehen. Ich muß etwas tun, nehme ich an. In letzter Zeit habe ich mich
oft gefragt, was ich mit Saruman tun sollte.«
»Wer ist Saruman?« fragte Pippin. »Wißt Ihr etwas über seine Ge-
schichte?«
»Saruman ist ein Zauberer«, antwortete Baumbart. »Mehr als das kann
ich nicht sagen. Ich kenne die Geschichte von Zauberern nicht. Sie tauch-
ten zuerst auf, nachdem die Großen Schiffe über das Meer gekommen
waren; aber ob sie mit den Schiffen kamen, kann ich nicht sagen. Saru-
man wurde als groß unter ihnen angesehen, glaube ich. Vor einiger Zeit
— ihr würdet es vor sehr langer Zeit nennen — gab er es auf, herumzu-
wandern und sich um die Angelegenheiten der Menschen und Elben zu
kümmern; und er ließ sich in Angrenost oder Isengart, wie die Menschen
von Rohan es nennen, nieder. Er war zunächst sehr friedlich, aber sein
Ruhm begann zu wachsen. Er wurde zum Haupt des Weißen Rats ge-
wählt, heißt es; aber das ging nicht allzugut aus. Ich frage mich jetzt, ob
Saruman nicht schon damals böse Wege einschlug. Aber jedenfalls
machte er seinen Nachbarn keine Scherereien. Ich pflegte mich mit ihm
zu unterhalten. Es gab eine Zeit, da er immer in meinen Wäldern wan-
derte. Er war höflich in jenen Tagen, bat stets um meine Erlaubnis (zu-
mindest, wenn er mich traf); und er war immer begierig, zuzuhören. Ich
erzählte ihm viele Dinge, die er allein nie herausgefunden hätte; aber ich
bekam nie eine Gegenleistung. Ich kann mich nicht erinnern, daß er mir
jemals etwas erzählt hat. Und er wurde immer zugeknöpfter; sein Ge-
sicht, wie ich es erinnere — ich habe es seit so manchem Tag nicht gese-
hen —, wurde wie Fenster in einer Steinmauer: mit Fensterläden auf der
Innenseite.
Ich glaube, ich verstehe jetzt, was er vorhat. Er schmiedet Ränke, um
eine Macht zu werden. Er hat nur Metall und Räder im Sinn: und ihm
liegt nichts an wachsenden Lebewesen, es sei denn insoweit, als sie ihm
im Augenblick nützen. Und jetzt ist es klar, daß er ein schändlicher Ver-
räter ist. Er hat sich mit üblem Volk eingelassen, mit den Orks. Brm,
hum! Schlimmer als das: er hat ihnen etwas angetan; etwas Gefährliches.
Denn diese Isengarter sind eher wie schlechte Menschen. Es ist ein Kenn-
zeichen der bösen Wesen, die in der Großen Dunkelheit kamen, daß sie
die Sonne nicht ertragen können; aber Sarumans Orks können sie aushal-
ten, obwohl sie sie hassen. Ich frage mich, was er gemacht hat? Sind es
Menschen, die er verdorben hat, oder hat er die Rassen der Orks und der
Menschen gekreuzt? Das wäre ein böses Verhängnis!«
Baumbart grummelte einen Augenblick, als ob er irgendeine tiefe, un-
terirdisch-entische Verwünschung ausstieße. »Vor einiger Zeit begann ich
mich zu fragen, wie die Orks es wagen konnten, so schlankweg durch
meine Wälder zu gehen«, fuhr er fort. »Erst später erriet ich, daß Saru-
man dafür verantwortlich war, und daß er vor langer Zeit alle Wege aus-
gekundschaftet und meine Geheimnisse entdeckt hatte. Er und sein übles
Volk richten jetzt Zerstörungen an. Unten an den Grenzen fällen sie
Bäume — gute Bäume. Einige der Bäume hauen sie bloß um und lassen sie
liegen, daß sie verrotten — Ork-Streiche sind das; aber die meisten wer-
den zerhackt und weggeschleppt, um die Feuer von Orthanc zu schüren.
In diesen Tagen steigt immer Rauch auf von Isengart.
Verflucht soll er sein, Wurzel und Ast! Viele dieser Bäume waren
meine Freunde, Geschöpfe, die ich von Nuß und Eichel an kannte; viele
hatten eine eigene Stimme, die nun auf immer verstummt ist. Und jetzt
ist dort ein Ödland voller Baumstümpfe und Dornengestrüpp, wo einst
singende Haine waren. Ich bin träge gewesen. Ich ließ die Dinge laufen.
Das muß aufhören!«
Baumbart erhob sich mit einem Ruck vom Bett, stand auf und schlug
mit der Hand auf den Tisch. Die Lichtgefäße erzitterten und sandten zwei
flammende Strahlen aus. Ein Flackern wie grünes Feuer war in Baumbarts
Augen, und sein Bart stand steif ab wie ein großer Reisigbesen.
»Ich werde dem ein Ende bereiten!« sagte er dröhnend. »Und ihr sollt
mit mir kommen. Vielleicht vermögt ihr mir zu helfen. Und euren Freun-
den werdet ihr auf diese Weise auch helfen; denn wenn Saruman nicht
Einhalt geboten wird, dann werden Rohan und Gondor einen Feind hinter
sich und auch einen vor sich haben. Wir haben den gleichen Weg — nach
Isengart!«
»Wir werden mit Euch kommen«, sagte Merry. »Wir werden tun, was
wir können.«
»Ja!« sagte Pippin. »Ich würde es gern sehen, daß die Weiße Hand be-
siegt wird. Ich würde gern dort sein, selbst wenn ich nicht viel nützen
könnte: ich werde Uglúk und die Durchquerung von Rohan nicht verges-
sen.«
»Gut! Gut!« sagte Baumbart. »Aber ich sprach hastig. Wir dürfen
nicht hastig sein. Ich bin zu hitzig geworden. Ich muß mich abkühlen und
nachdenken; denn es ist leichter. Halt! zu rufen als Einhalt zu gebieten.«
Er ging mit großen Schritten zu dem Gewölbebogen und stellte sich
eine Zeitlang unter den Sprühregen der Quelle. Dann lachte er und schüt-
telte sich, und wo immer die glitzernden Wassertropfen von ihm ab- und
auf den Boden fielen, da strahlten sie wie rote und grüne Funken. Er kam
zurück, legte sich wieder auf das Bett und schwieg.
Nach einiger Zeit hörten die Hobbits ihn wieder murmeln. Er schien
etwas an den Fingern abzuzählen. »Fangorn, Finglas, Fladrif, freilich,
freilich«, seufzte er. » »Das Ärgerliche ist, daß nur noch so wenig von
uns da sind«, sagte er, zu den Hobbits gewandt. »Nur drei sind übrig von
den ersten Ents, die vor der Dunkelheit in den Wäldern wanderten: nur
ich, Fangorn, und Finglas und Fladrif - so lauten ihre elbischen Namen;
ihr könnt sie Lockenblatt und Borkenhaut nennen, wenn euch das besser
gefällt. Und von uns dreien sind Lockenblatt und Borkenhaut für diese
Angelegenheit nicht von großem Nutzen. Lockenblatt ist schläfrig ge-
worden, fast baumisch, könnte man sagen: er hat sich angewöhnt, den
ganzen Sommer hindurch halb schlafend für sich allein dazustehen, bis zu
den Knien im hohen Gras der Wiesen. Bedeckt mit blättrigem Haar ist er.
Im Winter pflegte er aufzuwachen; aber in letzter Zeit war er zu träge,
selbst dann weit zu gehen. Borkenhaut wohnte an den Berghängen west-
lich von Isengart. Also dort, wo das Unheil am schlimmsten war. Er
wurde von den Orks verwundet, und viele von seinen Leuten und Baum-
herden wurden ermordet und vernichtet. Er ist hinaufgegangen in die
hohen Lagen, zu den Birken, die er am liebsten hat, und er wird nicht
herunterkommen wollen. Immerhin glaube ich wohl, daß ich eine ganz
ordentliche Gruppe von jüngeren Leuten zusammenbekommen könnte —
wenn ich ihnen die Notwendigkeit begreiflich machen könnte; wenn ich
sie aufrütteln könnte: wir sind kein hastiges Volk. Wie schade, daß wir
nur so wenige sind!«
»Warum gibt es so wenige, wenn Ihr schon so lange in diesem Lande
lebt?« fragte Pippin. »Sind viele gestorben?«
»O nein«, sagte Baumbart. »Keiner ist gestorben von innen heraus, wie
man sagen könnte. Manche sind natürlich von den Übeln der langen
Jahre befallen worden; und mehr noch sind baumisch geworden. Aber
wir waren nie sehr zahlreich und haben uns nicht vermehrt. Es hat keine
Entings gegeben — keine Kinder, würdet ihr sagen, seit einer langen
Reihe von Jahren nicht Wir haben nämlich die Entfrauen verloren.«
»Wie überaus traurig!« sagte Pippin. »Wie kam es, daß sie alle star-
ben?«
»Sie sind nicht gestorben«, sagte Baumbart. »Ich habe nicht gestorben
gesagt. Wir haben sie verloren, sagte ich. Wir haben sie verloren und
können sie nicht wiederfinden.« Er seufzte. »Ich dachte, die meisten Leute
wüßten das. Es hat Lieder gegeben über die Suche der Ents nach den Ent-
frauen, die von Elben und Menschen von Düsterwald bis Gondor gesun-
gen worden sind. Sie können nicht ganz vergessen sein.«
»Nun, ich fürchte, die Lieder sind nicht nach Westen über das Gebirge
ins Auenland gekommen«, sagte Merry. »Wollt Ihr uns nicht etwas mehr
erzählen oder uns eins der Lieder vorsingen?«
»Ja, das will ich wirklich«, sagte Baumbart anscheinend erfreut über
die Bitte. »Aber ich kann es nicht richtig erzählen, nur kurz; und dann
müssen wir unsere Unterhaltung beenden: morgen haben wir Versamm-
lungen einzuberufen und Arbeit zu erledigen und vielleicht eine Fahrt zu
beginnen.«
»Es ist eine ziemlich merkwürdige und traurige Geschichte«, fuhr er
nach einer Pause fort. »Als die Welt jung war und die Wälder weit und
wild, wanderten die Ents zusammen mit den Entfrauen — und damals gab
es Entmaiden: ah, wie lieblich war Fimbrethil oder Weidenast, die Leicht-
füßige, in den Tagen unserer Jugend — und sie hausten auch zusammen.
Aber unsere Herzen entwickelten sich dann nicht auf dieselbe Weise: Die
Ents schenkten ihre Liebe den Dingen, denen sie in der Welt begegneten,
und die Entfrauen dachten an andere Dinge. Denn die Ents liebten die
großen Bäume und die wilden Wälder und die Hänge der hohen Berge;
und sie tranken aus den Gebirgsbächen und aßen nur jene Früchte, die die
Bäume auf ihren Weg fallen ließen; und sie lernten von den Elben und
redeten mit den Bäumen. Doch den Entfrauen lag mehr an den geringeren
Bäumen und den Wiesen im Sonnenschein jenseits des Fußes der Wälder;
und im Frühling sahen sie die Schlehe im Dickicht und den wilden Apfel
und die Kirsche blühen und im Sommer die grünen Kräuter in den Bach-
tälern und auf den herbstlichen Feldern die samentragenden Gräser. Sie
hatten nicht das Verlangen, mit diesen Lebewesen zu reden; doch
wünschten sie, sie sollten auf das hören und dem gehorchen, was ihnen
gesagt wurde. Die Entfrauen befahlen ihnen, nach ihren Wünschen zu
wachsen und Blatt und Frucht zu tragen nach ihrem Geschmack; denn die
Entfrauen wünschten Ordnung und Überfluß und Frieden (worunter sie
verstanden, daß die Pflanzen dort blieben, wo sie sie hingesetzt hatten).
So legten die Entfrauen Gärten an, um in ihnen zu leben. Wir Ents aber
wanderten weiterhin und kamen nur dann und wann in die Gärten. Als
dann die Dunkelheit im Norden hereinbrach, überquerten die Entfrauen
den Großen Strom und legten neue Gärten an und bestellten neue Felder,
und wir sahen sie seltener. Als die Dunkelheit besiegt war, blühte das
Land der Entfrauen üppig, und ihre Felder waren voller Korn. Viele Men-
schen lernten die Künste der Entfrauen und erwiesen ihnen viel Ehre;
aber wir waren nur eine Sage für sie, ein Geheimnis im Herzen des Wal-
des. Dennoch sind wir immer noch hier, während alle Gärten der Ent-
frauen verwüstet sind: die Menschen nennen sie jetzt die Braunen Lande.
Ich entsinne mich, es ist schon lange her — zu der Zeit des Krieges zwi-
schen Sauron und den Menschen des Meeres —, da überkam mich der
Wunsch, Fimbrethil wiederzusehen. Sehr schön war sie noch in meinen
Augen, als ich sie zuletzt gesehen hatte, wenn auch den Entmaiden von
einst wenig ähnlich. Denn die Entfrauen waren gebeugt und gebräunt
durch ihre schwere Arbeit; ihr Haar war von der Sonne gebleicht und
hatte nun die Farbe von reifem Korn, und ihre Wangen waren wie rote
Äpfel. Doch ihre Augen waren immer noch die Augen unseres Volkes.
Wir überquerten den Anduin und kamen in ihr Land; doch fanden wir
eine Wüste; alles war verbrannt und entwurzelt, denn der Krieg war dar-
über hingegangen. Aber die Entfrauen waren nicht da. Lange riefen wir
und suchten lange; und wir fragten alles Volk, dem wir begegneten,
wohin die Entfrauen gegangen seien. Einige sagten, sie haben sie nie gese-
hen; und einige sagten, sie haben sie nach Westen wandern sehen, und
manche sagten nach Osten, und andere nach Süden. Doch wo immer wir
auch hingingen, nirgends konnten wir sie finden. Unser Kummer war
sehr groß. Doch der wilde Wald rief, und so kehrten wir zu ihm zurück.
Viele Jahre lang sind wir hin und wieder hinausgegangen und haben nach
den Entfrauen gesucht, wir sind weit gewandert und haben sie bei ihren
schönen Namen gerufen. Und jetzt sind die Entfrauen nur eine Erinne-
rung für uns, und unsere Barte sind lang und grau. Die Elben dichteten
viele Lieder über die Suche der Ents, und einige der Lieder sind auch in
die Sprachen der Menschen eingegangen. Doch wir dichteten keine Lieder
darüber, sondern begnügten uns damit, ihre schönen Namen zu singen,
wenn wir an die Entfrauen dachten. Wir glauben, daß wir sie in einer
kommenden Zeit vielleicht wiedertreffen und irgendwo ein Land finden,
wo wir zusammenleben können und beide Seiten zufrieden sind. Aber es
ist geweissagt worden, daß das erst sein wird, wenn sie und wir alles ver-
loren haben, was wir jetzt besitzen. Und es mag wohl sein, daß diese Zeit
sich endlich nähert. Denn wenn Sauron einstmals die Gärten zerstörte, so
ist es wahrscheinlich, daß heute der Feind alle Wälder vernichten wird.
Es gab ein elbisches Lied, das davon sprach, oder wenigstens verstehe
ich es so. Es wurde früher überall am Großen Strom gesungen. Es war
niemals ein entisches Lied, wohlgemerkt: auf Entisch wäre es ein sehr
langes Lied gewesen. So lautet es in eurer Sprache:
ENT: Entfaltet Frühling Blatt um Blatt, stellt Buche schon im Saft,
Schießt auch der 'Wildbach schnell dahin und hat die Sonne Kraft,
Macht in der herben Höhenluft zu wandern wieder Lust,
0, sag mir dann: schön ist Dein Land—und komm an meine Brust.
ENT- Bricht Lenz in meine Gärten ein und ist das Korn gesät,
FRAU: Blühn meine Apfelbäume reich, als wie von Schnee verweht,
Und lösen sich die Schauer ab mit Sonnenschein und Duft,
Dann komm ich nicht, mich hält es hier in der geliebten Luft.

ENT: Wenn Sommer alles überkommt, der Mittag golden webt,
Wenn unterm Blätterdach im Wald der Sämling träumt und lebt,
Kein beßres Land gibts auf der Welt als dieses meine hier,
0, komm zurück, ich rufe Dich, o, komm zurück zu mir.

ENT- Wenn Sommer Frucht und Beere reift und rundlich schwellen läßt,
FRAU: Den Halm vergoldet, Ähre füllt und ruft zum Erntefest,
Wenn Honig quillt und Apfel prallt, weht milder West wie Föhn,
Ich kann nicht fort, ich bleibe hier, mein Land ist wunderschön.

ENT: Kehrt Winter ein, der Wilde Mann, der Hügel schlägt und Wald,
Der Bäume stürzt, folgt unbestirnt die Nacht dem Tage bald,
Im bittern Regen und bei Wind, da schau ich nach Dir aus,
Da ruf ich Dich, da möchte ich zu Dir, zu Dir nach Haus.

ENT- Wenn winters Sang und Klang verstummt, das Dunkel niederfällt,
FRAU: Der Baum verdorrt, das Licht dahin und tatenlos die Welt,
Wart ich auf Dich und schau nach Dir, bis wir uns wiedersehn,
Im Regen wollen wir den Weg mitsammen wieder gehn!

BEIDE: Mitsammen ziehen wir den Weg, der in den Westen führt
Ins Land, das unser beider Herz zur Ruhe bringt und rührt."

Baumbart beendete seinen Gesang. »So lautet es«, sagte er. »Es ist natür-
lich elbisch: fröhlich, rasch in Worte gefaßt und bald zu Ende. Ich glaube,
es ist recht gut. Aber die Ents könnten ihrerseits mehr sagen, wenn sie
Zeit hätten! Doch jetzt will ich aufstehen und ein wenig schlafen. Wo
wollt ihr stehen?«
»Wir legen uns gewöhnlich hin zum Schlafen«, sagte Merry. »Wir
können gut bleiben, wo wir sind.«
»Hinlegen zum Schlafen!« sagte Baumbart. »Natürlich tut ihr das! Hm
hum, das habe ich vergessen: als ich das Lied sang, habe ich mich im
Geist in alte Zeiten versetzt; habe fast gedacht, ich unterhielte mich mit
jungen Entings. Nun, ihr könnt euch auf das Bett legen. Ich will im
Regen stehen. Gute Nacht!«
Merry und Pippin kletterten auf das Bett und kuschelten sich in die
weiche Unterlage aus Gras und Farn. Sie war frisch und süßduf-
tend und warm. Die Lichter erloschen langsam, und das Leuchten der
Bäume verblaßte; doch draußen unter dem Gewölbebogen sahen sie
Baumbart stehen, reglos, die Arme über den Kopf erhoben. Die hellen
Sterne blickten vom Himmel herab und erhellten den Wasserfall, der auf
seine Finger und seinen Kopf sprühte und in Hunderten von silbernen
Tropfen zu seinen Füßen hinabrann. Dem Plätschern der Tropfen lau-
schend, schliefen die Hobbits ein.
Als sie aufwachten, schien eine kühle Sonne in den großen Vorhof und
bis hinein auf den Fußboden des Gemachs. Fetzen hoher Wolken segelten
droben in einem steifen Wind aus Osten. Baumbart war nicht zu sehen;
aber während Merry und Pippin in dem Becken unter dem Gewölbebogen
badeten, hörten sie ihn summen und singen, als er den Pfad zwischen den
Bäumen entlangkam.
»Hu, ho! Guten Morgen, Merry und Pippin!« brummelte er, als er sie
sah. »Ihr schlaft lange. Ich habe heute schon viele hundert Schritte getan.
Jetzt werden wir etwas trinken und dann zum Entthing gehen.«
Er goß ihnen aus einem Steinkrug zwei volle Schalen ein; aber aus
einem anderen Krug. Der Geschmack war nicht derselbe wie am Abend
zuvor: er war erdiger und gehaltvoller, stärkender und sozusagen mehr
wie ein Nahrungsmittel. Während die Hobbits tranken und dabei auf dem
Bettrand saßen und kleine Stückchen des Elbenkuchen knabberten (mehr
weil sie glaubten, daß Essen nun mal zum Frühstück dazugehöre, als weil
sie hungrig waren), blieb Baumbart stehen, summte auf Entisch oder
Eibisch oder in irgendeiner fremden Sprache und schaute zum Himmel
hinauf.
»Wo ist Entthing?« wagte Pippin zu fragen.
»Hu, wie? Entthing?« sagte Baumbart und drehte sich um. »Das ist
kein Ort, es ist eine Versammlung der Ents — was heutzutage nicht oft
vorkommt. Aber es ist mir gelungen, von einer ziemlich großen Zahl das
Versprechen zu erhalten, daß sie kommen. Wir werden uns an dem Ort
treffen, wo wir uns immer getroffen haben: Tarntobel heißt er bei den
Menschen. Er liegt weit südlich von hier. Wir müssen vor dem Mittag
dort sein.«
Bald machten sie sich auf den Weg. Baumbart trug die Hobbits in den
Armen wie am vorigen Tag. Am Eingang zum Vorhof wandte er sich
nach rechts, machte einen großen Schritt über den Bach und ging weiter
nach Süden am Fuß großer, steiler Hänge entlang, wo wenig Bäume stan-
den. Weiter oben sahen die Hobbits Dickichte von Birken und Eber-
eschen und dahinter dunkel emporsteigende Tannenwälder. Bald wandte
sich Baumbart ein wenig ab von den Bergen und gelangte in tiefe Haine,
wo die Bäume größer waren, höher und dichter als alle, die die Hobbits je
gesehen hatten. Eine Weile beschlich sie wieder schwach das erstickende
Gefühl, das sie bemerkt hatten, als sie sich zuerst nach Fangorn hineinge-
wagt hatten, aber es verging bald. Baumbart redete nicht mit ihnen. Er
summte tief und nachdenklich vor sich hin, doch konnten Merry und Pip-
pin keine richtigen Wörter verstehen: es klang wie bum, bum, rambum,
burar, bum bum, darar bum bum, darar bum
und so weiter mit ständigem
Wechsel von Ton und Rhythmus. Dann und wann glaubten sie eine Ant-
wort zu hören, ein Summen oder einen bebenden Ton, der aus der Erde zu
kommen schien oder aus den Zweigen über ihren Köpfen, oder vielleicht
auch von den Stämmen der Bäume; doch Baumbart hielt nicht an und
drehte auch den Kopf nicht zur Seite.
Sie waren schon eine lange Zeit gegangen — Pippin hatte versucht, die
»Entschritte« zu zählen, aber bei ungefähr dreitausend verhaspelte er sich
—, als Baumbart seine Gangart verlangsamte. Plötzlich blieb er stehen,
setzte die Hobbits ab, legte die gewölbten Hände an den Mund, so daß sie
ein hohles Rohr bildeten; dann blies oder rief er hindurch. Ein gewaltiges
hum, hom wie ein tieftönendes Horn erschallte im Wald und schien von
den Bäumen widerzuhallen. Von weit her kam aus verschiedenen Rich-
tungen ein ähnliches hum, hom, hum, das kein Echo, sondern eine Ant-
wort war.
Baumbart setzte sich Merry und Pippin jetzt auf die Schultern und ging
weiter, und dann und wann stieß er wieder einen Hornruf aus, und jedes-
mal waren die Antworten lauter und näher. Auf diese Weise kamen sie
schließlich zu einer undurchdringlich erscheinenden Wand aus dunklen,
immergrünen Bäumen, Bäume von einer Art, die die Hobbits nie zuvor
gesehen hatten: sie verzweigten sich unmittelbar aus den Wurzeln und
trugen wie dornenlose Hulstbäume ein dichtes Kleid aus dunklen, glän-
zenden Blättern und viele steif aufrechtstehende Blütenähren mit großen,
olivfarben schimmernden Knospen.
Baumbart wandte sich nach links, ging an dieser riesigen Hecke vorbei
und kam mit ein paar großen Schritten zu einem schmalen Einlaß. Durch
ihn rührte ein ausgetretener Pfad, der plötzlich einen langen, steilen Hang
hinunterging. Die Hobbits sahen, daß sie hinunterstiegen in einen großen
Tobel, fast so rund wie eine Trinkschale, sehr breit und tief und am Rand
gekrönt mit der hohen, dunklen, immergrünen Hecke. Der Tobel war
innen glatt und grasbedeckt, und es gab keine Bäume außer drei sehr
hohen und schönen Weißbirken, die auf dem Grund der Schale wuchsen.
Noch zwei andere Pfade führten hinunter in den Tobel: vom Westen und
vom Osten.
Mehrere Ents waren schon eingetroffen. Weitere kamen die anderen
Pfade herunter, und einige folgten Baumbart. Als sie sich näherten, starr-
ten die Hobbits sie verwundert an. Sie hatten erwartet, eine Reihe von
Geschöpfen zu sehen, die Baumbart so ähnlich waren wie ein Hobbit dem
anderen (jedenfalls in den Augen eines Fremden); und sie waren sehr
überrascht, daß dem keineswegs so war. Die Ents unterschieden sich von-
einander wie Bäume von Bäumen: manche unterschieden sich wie ein
Baum von einem anderen desselben Namens, aber mit ganz anderem
Wuchs und Werdegang; und manche unterschieden sich so wie eine
Baumart von einer anderen, wie Birke von Buche oder Eiche von Tanne.
Es waren einige ältere Ents da, bärtig und knorrig wie gesunde, aber ur-
alte Bäume (obwohl keiner so uralt aussah wie Baumbart); und es waren
große, starke Ents da, gut gewachsen und glatthäutig wie Waldbäume
in der Blüte ihrer Jahre; aber es waren keine jungen Ents da, kein Nach-
wuchs. Insgesamt waren es etwa zwei Dutzend, die auf dem weiten, grasi-
gen Boden des Tobels standen, und ebenso viele waren noch im An-
marsch.
Zuerst waren Merry und Pippin verblüfft über die Mannigfaltigkeit,
die sie sahen: die vielen Formen und Farben und Unterschiede in Umfang
und Höhe und Bein- und Armlänge: und in der Zahl der Zehen und Fin-
ger (sie schwankten zwischen drei und neun). Ein paar schienen mehr
oder weniger mit Baumbart verwandt zu sein und ließen sie an Buchen
oder Eichen denken. Aber es gab auch andere Arten.
Manche erinnerten an Kastanien: braunhäutige Ents mit spreizfingrigen
Händen und kurzen, dicken Beinen. Manche erinnerten an Eschen: hoch-
und gradgewachsene graue Ents mit vielfingrigen Händen und langen
Beinen; manche an Tannen (die größten Ents) und andere wiederum an
Birken, Ebereschen und Linden. Aber als sich alle Ents um Baumbart ge-
schart hatten, leicht die Köpfe neigten, mit ihren gemessenen, melodischen
Summen murmelten und die Fremden lange und aufmerksam betrachteten,
sahen die Hobbits, daß sie alle zur selben Familie gehörten und alle
dieselben Augen hatten: nicht alle so alt oder so tiefliegend wie Baum-
barts, aber alle mit demselben bedächtigen, beharrlichen, nachdenklichen
Ausdruck und demselben grünen Aufflackern.
Sobald die ganze Gesellschaft versammelt war und Baumbart in einem
großen Kreis umstand, setzte eine seltsame und unverständliche Unterhal-
tung ein. Die Ents begannen langsam zu murmeln: erst fiel einer ein und
dann ein anderer, bis sie alle gemeinsam in einem langen, steigenden und
fallenden Rhythmus sangen, bald lauter auf der einen Seite des Rings,
bald dort leiser werdend und auf der anderen Seite zu einem Dröhnen an-
steigend. Obwohl Pippin keines der Wörter verstehen oder erraten konnte
— er nahm an, die Sprache sei Entisch —, fand er zuerst den Klang sehr
erfreulich anzuhören; aber allmählich schwand seine Aufmerksamkeit.
Nach einer langen Zeit (und der Gesang ließ keinerlei Anzeichen eines
Endes erkennen) fragte er sich, da Entisch eine so »unhastige« Sprache
war, ob sie schon weitergekommen seien als bis zum »Guten Morgen«
und, falls Baumbart alle Anwesenden namentlich aufrufen sollte, wie-
viele Tage es wohl dauern würde, bis sie alle ihre Namen gesungen hät-
ten. »Ich wüßte gern, was ja oder nein auf Entisch heißt«, dachte er. Er
gähnte.
Baumbart merkte es sofort. »Hm, ha, hei, mein Pippin«, sagte er, und
alle anderen Ents hörten mit Singen auf. »Ihr seid ein hastiges Volk, das
habe ich vergessen; und es ist sowieso ermüdend, einer Rede zuzuhören,
die man nicht versteht. Ihr dürft jetzt hinunter. Ich habe dem Entthing
eure Namen gesagt, und die Ents haben euch gesehen und mir zuge-
stimmt, daß ihr keine Orks seid und den alten Listen eine neue Zeile hin-
zugefügt werden soll. Weiter sind wir noch nicht gekommen, aber für ein
Entthing ist das schon rasche Arbeit. Du und Merry, ihr könnt im Tobel
herumstreifen, wenn ihr mögt. Da ist eine Quelle mit gutem Was-
ser, wenn ihr eine Erfrischung braucht, dort drüben am Nordhang.
Es sind noch einige Worte zu sagen, ehe das eigentliche Thing beginnt.
Ich werde nachher zu euch kommen und erzählen, wie die Dinge
laufen.«
Er setzte die Hobbits ab. Ehe sie fortgingen, verbeugten sie sich tief.
Diese Artigkeit schien die Ents sehr zu belustigen, nach dem Ton ihres
Gemurmeis und dem Aufflackern ihrer Augen zu urteilen; aber sie
wandten sich bald wieder ihren eigenen Angelegenheiten zu. Merry und
Pippin erklommen den Pfad, der von Westen kam und schauten durch die
Öffnung in der großen Hecke. Lange, baumbestandene Hänge stiegen
vom Rand des Tobels auf, und weit hinter ihnen, über den Tannen des
letzten Höhenzuges, erhob sich scharf und weiß der Gipfel eines hohen
Bergs. Nach Süden, zu ihrer Linken, sahen sie den Wald in der grauen
Ferne abfallen. Sehr weit weg war dort ein blasser, grüner Schimmer, von
dem Merry vermutete, daß es die Ebenen von Rohan waren.
»Ich wüßte gern, wo Isengart liegt«, sagte Pippin.
»Ich weiß nicht genau, wo wir sind«, sagte Merry. »Aber dieser Gipfel
dort ist wahrscheinlich der Methedras, und soweit ich mich erinnere, liegt
der Ring von Isengart in einer Gabelung oder tiefen Kluft am Ende des
Gebirges. Wahrscheinlich ist es hinter diesem hohen Kamm. Dort scheint
Rauch oder Dunst zu sein, links von dem Gipfel, glaubst du nicht?«
»Wie ist Isengart?« fragte Pippin. »Ich möchte mal wissen, was die
Ents überhaupt gegen Isengart ausrichten können.«
»Ich auch«, sagte Merry. »Isengart ist eine Art Ring aus Felsen oder
Bergen, glaube ich, mit einer flachen Ebene innen und einer Insel oder
Säule aus Felsen in der Mitte, genannt Orthanc. Saruman hat einen Turm
darauf. Es gibt ein Tor, vielleicht mehr als eins, in dem umgebenden
Wall, und ich glaube, daraus ergießt sich ein Bach; er kommt aus dem
Gebirge und fließt dann durch die Pforte von Rohan. Es scheint mir nicht
eine Gegend der Art zu sein, die die Ents angreifen können. Aber ich
habe ein merkwürdiges Gefühl bei diesen Ents: irgendwie glaube ich
nicht, daß sie so ungefährlich und, nun ja, komisch sind, wie sie scheinen.
Sie wirken bedächtig, seltsam und geduldig, fast traurig; und doch glaube
ich, sie könnten aufgerüttelt werden. Wenn das geschieht, dann würde ich
lieber nicht auf der anderen Seite sein.«
»Ja«, sagte Pippin, »ich weiß, was du meinst. Es könnte genau derselbe
Unterschied sein wie zwischen einer alten Kuh, die daliegt und nachdenk-
lich wiederkäut, und einem angreifenden Stier; und die Veränderung
könnte ganz plötzlich kommen. Ich bin gespannt, ob Baumbart sie aufrüt-
teln wird. Ich bin überzeugt, daß er das versuchen will. Aber sie wollen
nicht gern aufgerüttelt werden. Baumbart selbst war gestern abend aufge-
rüttelt, aber dann unterdrückte er es wieder.«
Die Hobbits wandten sich wieder um. Die Stimmen der Ents hoben und
senkten sich noch immer bei ihrer Beratung. Die Sonne war jetzt hoch ge-
nug gestiegen, um über die hohe Hecke zu schauen: sie schimmerte auf
den Wipfeln der Birken und erfüllte die nördliche Seite des Tobels mit
einem kalten, gelben Licht. Da sahen sie eine kleine, glitzernde Quelle. Sie
gingen am Rand der großen Schale am Fuß der immergrünen Bäume ent-
lang — es war angenehm, das kühle Gras wieder an den Zehen zu spüren
und nicht in Eile zu sein —, und dann kletterten sie hinunter zu dem spru-
delnden Wasser. Sie tranken ein wenig, es war ein reiner, kalter, herber
Trank, und sie setzten sich auf einen moosigen Stein und beobachteten
die Sonnenflecken auf dem Gras und die Schatten der segelnden Wolken,
die über den Grund des Tobels hinwegzogen. Das Murmeln der Ents ging
weiter. Es schien ihnen ein sehr seltsamer und abgeschiedener Ort zu sein,
außerhalb ihrer Welt und fern von allem, das ihnen je widerfahren war.
Eine große Sehnsucht überkam sie nach den Gesichtern und Stimmen
ihrer Gefährten, besonders nach Frodo und Sam, und nach Streicher.
Endlich trat eine Pause im Gespräch der Ents ein; und als die Hobbits
aufschauten, sahen sie Baumbart mit einem anderen Ent auf sich zukom-
men.
»Hm, hum, hier bin ich wieder«, sagte Baumbart. »Werdet ihr müde
oder ungeduldig, hm, wie? Nun, ich fürchte, ihr dürft noch nicht unge-
duldig werden. Wir haben jetzt den ersten Abschnitt beendet; aber ich
muß immer noch denjenigen, die weit weg wohnen, fern von Isengart,
alles mögliche erklären, und danach werden wir entscheiden müssen, was
zu tun ist. Immerhin, entscheiden, was zu tun ist, dauert für Ents nicht so
lange, wie all die Tatsachen und Ereignisse durchzugehen, über die sie
sich klarwerden müssen. Indes hat es keinen Zweck, zu leugnen, daß wir
noch lange Zeit hier sein werden: ein paar Tage sehr wahrscheinlich. Des-
halb habe ich euch einen Gefährten mitgebracht. Er hat ein Enthaus hier
in der Nähe. Bregalad ist sein elbischer Name. Er sagt, er habe seinen Ent-
schluß schon gefaßt und brauche nicht bei dem Thing zu bleiben. Hm,
hm, er ist derjenige unter uns, der einem hastigen Ent am nächsten
kommt. Ihr müßtet euch eigentlich gut vertragen. Auf Wiedersehen!«
Baumbart drehte sich um und ging von dannen.
Bregalad blieb eine Weile stehen und betrachtete die Hobbits ernst; und
sie schauten ihn an und fragten sich, wann er wohl irgendwelche Anzei-
chen von »Hastigkeit« erkennen lassen würde. Er war groß und schien
einer der jüngeren Ents zu sein; er hatte glatte, glänzende Haut auf
Armen und Beinen; seine Lippen waren rötlich und sein Haar graugrün.
Er konnte sich biegen und wiegen wie ein schlanker Baum im Wind.
Schließlich sprach er, und seine Stimme war zwar volltönend, aber höher
und klarer als Baumbarts.
»Ha, hm, meine Freunde, laßt uns einen Spaziergang machen!« sagte
er. »Ich bin Bregalad, das ist Flinkbaum in eurer Sprache. Aber natürlich
ist das nur ein Spitzname. So haben sie mich genannt, seit ich ja zu einem
älteren Ent gesagt habe, ehe er seine Frage ganz ausgesprochen hatte.
Auch trinke ich flink und gehe schon weg, wenn andere noch ihre Barte
befeuchten. Kommt mit mir!«
Er streckte zwei wohlgestalte Arme aus und gab jedem der Hobbits
eine langfingrige Hand. Den ganzen Tag wanderten sie mit ihm durch
den Wald, singend und lachend; denn Flinkbaum lachte oft. Er lachte,
wenn die Sonne hinter einer Wolke hervorkam, er lachte, wenn sie auf
einen Bach oder eine Quelle stießen; dann bückte er sich und spritzte sich
Wasser auf die Füße und den Kopf; manchmal lachte er über irgendein
Geräusch oder ein Rascheln in den Bäumen. Wann immer er eine Eber-
esche sah, hielt er an, die Arme ausgestreckt, und sang und wiegte sich,
während er sang.
Bei Einbruch der Nacht brachte er sie zu seinem Enthaus: nur ein moo-
siger Stein war es, der unter einem grünen Steilhang auf den Rasen ge-
setzt war. Ein Kreis von Ebereschen umstand ihn, und es gab Wasser (wie
in allen Enthäusern), eine aus dem Steilhang heraussprudelnde Quelle. Sie
unterhielten sich eine Weile, bis sich die Dunkelheit auf den Wald senkte.
Nicht weit entfernt hörte man immer noch die Stimmen vom Entthing;
aber jetzt schienen sie tiefer und weniger gemächlich, und ab und zu er-
hob sich eine gewaltige Stimme zu einem hohen und bewegten Gesang,
während alle anderen erstarben. Aber neben ihnen redete Bregalad leise,
fast flüsternd, in ihrer eigenen Sprache; und sie erfuhren, daß er zu Bor-
kenhauts Familie gehörte, und daß das Land, wo sie gewohnt hatten, ver-
wüstet war. Das schien den Hobbits ausreichend, um seine »Hastigkeit«
zu erklären, zumindest, was die Orks betraf.
»Es gab Ebereschen in meiner Heimat«, sagte er, leise und traurig,
»Ebereschen, die Wurzeln geschlagen hatten, als ich ein Enting war, vor
vielen, vielen Jahren, als die Welt noch friedlich war. Die ältesten hatten
die Ents gepflanzt, weil sie die Entfrauen damit erfreuen wollten. Aber
die Entfrauen betrachteten die Bäume und lächelten und sagten, sie wüß-
ten, wo weißere Blüten und reichere Früchte wüchsen. Dennoch gibt es
keine Bäume dieser ganzen Gattung, der Familie der Rose, die mir so
schön vorkommen. Und diese Bäume wuchsen und wuchsen, bis der
Schatten eines jeden wie eine grüne Halle war, und ihre roten Beeren im
Herbst waren eine Last und eine Schönheit und ein Wunder. Vögel pfleg-
ten sich dort zu sammeln. Ich mag Vögel, selbst wenn sie schwatzen; und
die Eberesche hat übergenug. Doch wurden die Vögel unfreundlich und
gierig und rissen an den Bäumen und warfen die Früchte hinunter und
fraßen sie nicht. Dann kamen Orks mit Äxten und fällten meine Bäume.
Ich kam und rief sie bei ihren langen Namen, aber sie erzitterten nicht,
sie hörten und antworteten nicht: sie waren tot.
O Orofarnë, Lassemista, Carnimírië!
Dich sah ich, Eberesche mein, im Sommer wunderbar
Und strahlend stehn: Du trugst der Blüten Weiß auf
deinem Haar.
Die Rinde hell, das Laub so licht, so sanft der Stimme Ton,
Wie trugst du hoch das Haupt, geziert von goldenroter Krön!
Dein Haar ist grau, dein Laub ist dürr, verblaßt der

Krone Rot,
Die liebe Stimme spricht nicht mehr: Du bist auf immer tot.
O Orofarnë, Lassemista, Carnimírië!

Die Hobbits schliefen ein beim Klang von Bregalads leisem Gesang, der
in vielen Sprachen den Untergang der Bäume beklagte, die er geliebt hatte.
Auch den nächsten Tag verbrachten sie in seiner Gesellschaft, aber sie
gingen nicht weit fort von seinem »Haus«. Meist saßen sie schweigend im
Schutz des Steilhangs; denn der Wind war kälter und die Wolken dichter
und grauer; es gab wenig Sonnenschein, und in der Ferne hoben und
senkten sich immer noch die Stimmen der Ents beim Thing, manchmal
laut und kräftig, manchmal leise und traurig, manchmal bewegter,
manchmal langsam und feierlich wie ein Klagelied. Eine zweite Nacht
kam, und immer noch hielten die Ents ihre Beratung ab unter eilenden
Wolken und dann und wann aufleuchtenden Sternen.
Der dritte Tag brach an, düster und windig. Bei Sonnenaufgang stiegen
die Stimmen der Ents zu einem großen Geschrei an und erstarben dann
wieder. Während der Morgen sich hinzog, legte sich der Wind, und die
Luft wurde drückend vor Erwartung. Die Hobbits sahen, daß Bregalad
jetzt aufmerksam lauschte, obwohl für sie das Geräusch des Thing in dem
engen Tal seines Enthauses nur schwach war.
Der Nachmittag kam, und die Sonne, die nach Westen zum Gebirge
vorrückte, sandte lange gelbe Strahlen durch die Spalten und Risse der
Wolken. Plötzlich merkten sie, daß alles sehr still war; der ganze Wald
lauschte schweigend. Natürlich, die Entstimmen waren verstummt. Was
bedeutete das? Bregalad stand hoch aufgerichtet und angespannt da und
schaute nach Norden zurück zum Tarntobel.
Dann erschallte mit einem Schmettern ein laut tönender Ruf: ra-hum-
rah!
Die Bäume erzitterten und neigten sich, als ob ein Windstoß sie er-
faßt habe. Es trat wieder Stille ein, und dann hob eine Marschmusik an
wie feierliche Trommeln, und über die Trommelschläge und das brau-
sende Dröhnen erhoben sich hoch und kräftig singende Stimmen.
Mit 'Trommelrollen ziehen wir: ta-runda runda runda rom!
Die Ents kamen: immer näher und lauter erklang ihr Lied:
Mit Horn und Trommeln ziehen wir: ta-rkna rkna rkna rom!
Bregalad nahm die Hobbits auf und verließ sein Haus.
Es dauerte nicht lange, da sahen sie die heranmarschierende Schar: mit
langen Schritten kamen die Ents den Hang herab auf sie zu. Baumbart
ging an der Spitze, und etwa fünfzig folgten ihm, immer zwei nebenein-
ander, die Füße im Gleichschritt und mit den Händen auf ihren Seiten den
Takt schlagend. Als sie näherkamen, sah man das Blitzen und Flackern
ihrer Augen.
»Hum, hom! Hier kommen wir mit Gedröhn, hier kommen wir end-
lich!« rief Baumbart, als er Bregalad und die Hobbits erblickte. »Kommt,
schließt euch dem Thing an! Wir sind auf dem Weg. Wir sind auf dem
Weg nach Isengart!«
»Nach Isengart!« riefen die Ents vielstimmig.
»Nach Isengart!«
Nach Isengart! Obwohl es hart und steinern droht, vor Waffen starrt,
Wärs noch so ehern, noch so stark, stark bis ins tiefste Knochenmark,
Wir stürmen es, wir dringen ein, zerbrechen Tor und Mauerstein,
Jetzt brennts mit Stumpf und Stiel, es brennt und brüllt im feurigen
Element.

Mit Schicksalsbann ins dunkle Land — mit Trommelrollen ziehen wir;
Nach Isengart mit Fluch und Bann!
Mit Fluch und Bann marschieren wir!

So sangen sie, als sie nach Süden marschierten.
Mit glänzenden Augen ordnete sich Bregalad neben Baumbart ein. Der
alte Ent nahm jetzt die Hobbits wieder und setzte sie sich auf die Schul-
tern, und so ritten sie stolz an der Spitze der singenden Schar mit klop-
fenden Herzen und hoch erhobenen Köpfen. Obwohl sie erwartet hatten,
daß schließlich etwas geschehen würde, waren sie doch erstaunt über die
Veränderung, die mit den Ents vorgegangen war. Sie schien so plötzlich
wie der Durchbruch einer Flut, die lange von einem Deich zurückgehalten
worden war.
»Die Ents haben zu guter Letzt ihren Entschluß ziemlich rasch gefaßt,
nicht wahr?« wagte Pippin nach einiger Zeit zu sagen, als das Singen
einen Augenblick innehielt und nur das Taktschlagen von Händen und
Füßen zu hören war.
»Rasch?« sagte Baumbart. »Hum, ja, in der Tat. Rascher, als ich erwar-
tet hatte. Ich habe sie tatsächlich seit vielen Zeitaltern nicht so aufgerüt-
telt gesehen. Wir Ents lassen uns nicht gern aufrütteln; und wir sind nie
aufgerüttelt, sofern wir uns nicht darüber klar sind, daß unsere Bäume
und unser Leben in großer Gefahr sind. Das ist in diesem Walde nicht ge-
schehen seit den Kriegen zwischen Sauron und den Menschen vom Meer.
Es ist das Werk der Orks, das mutwillige Abhacken — rárum —, sogar
ohne die faule Ausrede, das Feuer müsse geschürt werden, was uns so er-
zürnt hat; und die Verräterei eines Nachbarn, der uns hätte helfen sollen.
Zauberer müßten mehr Verstand haben: sie haben auch mehr Verstand.
Es gibt keinen Fluch auf Eibisch, Entisch oder in den Sprachen der Men-
schen, der kräftig genug ist für eine solche Verräterei. Nieder mit Saru-
man!«
»Wollt Ihr wirklich die Tore von Isengart aufbrechen?« fragte Merry.
»Ho, hm, nun ja, das könnten wir! Ihr wißt vermutlich nicht, wie stark
wir sind. Vielleicht habt ihr von Trollen gehört? Sie sind mächtig stark.
Aber Trolle sind nur Nachbildungen, die der Feind in der Großen Dun-
kelheit erschaffen hat, eine Nachahmung der Ents, ebenso wie Orks den
Elben nachgeäfft sind. Wir sind stärker als Trolle. Wir sind aus dem Ge-
bein der Erde gemacht. Wie die Wurzeln von Bäumen können wir Stein
zum Bersten bringen, nur schneller, weit schneller, wenn unser Geist
wachgerüttelt ist! Wenn wir nicht umgehauen oder durch Feuer oder den
Einfluß von Zauberei vernichtet werden, könnten wir Isengart in Stücke
reißen und die Mauern in Schutt und Trümmer legen.«
»Aber Saruman wird doch versuchen. Euch aufzuhalten, nicht wahr?«
»Hm, ah, ja, so ist das wohl. Das habe ich nicht vergessen. Ich habe
sogar lange darüber nachgedacht. Aber, wißt Ihr, viele der Ents sind jün-
ger als ich, um viele Baumalter. Sie sind nun alle aufgerüttelt, und ihr
Sinn ist jetzt nur auf eins gerichtet: Isengart zu zerstören. Aber es wird
nicht lange dauern, dann werden sie wieder anfangen zu denken; sie wer-
den ein wenig ruhiger werden, wenn wir unseren Abendtrunk nehmen.
Was für einen Durst wir haben werden! Aber laßt sie jetzt marschieren
und singen! Wir haben einen weiten Weg, und da bleibt Zeit zum Nach-
denken. Es ist schon etwas, daß wir aufgebrochen sind.«
Baumbart marschierte weiter und sang eine Weile mit den anderen.
Doch nach einiger Zeit erstarb seine Stimme zu einem Murmeln, und
dann schwieg er wieder. Pippin sah, daß seine alte Stirn zusammengezo-
gen und gerunzelt war. Schließlich blickte er auf, und Pippin sah einen
traurigen Ausdruck in seinen Augen, traurig, aber nicht unglücklich. Es
war ein Licht in ihnen, als ob die grüne Flamme tiefer hineingesunken sei
in die dunklen Bronnen seines Denkens.
»Natürlich ist es recht wahrscheinlich, meine Freunde«, sagte er be-
dächtig, »recht wahrscheinlich, daß wir unserem Schicksal entgegenge-
hen: der letzte Marsch der Ents. Aber wenn wir zu Hause blieben und
nichts täten, würde uns das Schicksal früher oder später doch ereilen.
Dieser Gedanke hat sich schon lange in unseren Herzen festgesetzt; und
das ist der Grund, warum wir jetzt marschieren. Es war kein hastiger Ent-
schluß. Nun mag der letzte Marsch der Ents wenigstens ein Lied wert
sein. Freilich«, seufzte er, »werden wir vielleicht anderen Leuten helfen,
ehe wir dahinscheiden. Immerhin hätte ich es gern erlebt, daß die Lieder
über die Entfrauen wahr werden. Von Herzen gern hätte ich Fimbrethil
wiedergesehen. Aber so ist es nun mal, meine Freunde, Lieder tragen wie
Bäume nur Früchte zu ihrer Zeit und auf ihre Weise: und manchmal sind
sie vorzeitig verdorrt.«
Die Ents schritten mit großer Schnelligkeit voran. Sie waren hinunter-
gestiegen in eine lange Falte des Landes, die nach Süden abfiel; nun be-
gannen sie hinaufzusteigen und immer weiter hinauf auf den hohen west-
lichen Grat. Die Wälder hörten auf, und sie kamen zu verstreuten Grup-
pen von Birken und dann zu kahlen Hängen, wo nur ein paar hagere Tan-
nen wuchsen. Die Sonne versank hinter dem dunklen Bergrücken vor
ihnen. Eine graue Dämmerung brach herein.
Pippin schaute nach hinten. Die Zahl der Ents war gewachsen — oder
was geschah? Wo die düsteren kahlen Hänge, die sie überquert hatten,
liegen sollten, glaubte er jetzt Baumgruppen zu sehen. Aber sie bewegten
sich! Konnte es sein, daß die Bäume von Fangorn erwacht waren und der
Wald sich erhob und über die Berge in den Krieg zog? Er rieb sich die
Augen und fragte sich, ob Müdigkeit und Schatten ihn genarrt hätten;
aber die großen grauen Gestalten gingen stetig vorwärts. Es war ein Ge-
räusch wie Wind in vielen Zweigen. Die Ents näherten sich jetzt dem
Kamm des Berges, und alles Singen hatte aufgehört. Die Nacht brach her-
ein, und es herrschte Schweigen: nichts war zu hören als ein schwaches
Zittern der Erde unter den Füßen der Ents, und ein Rascheln, ein leises
Wispern wie von vielen dahinwehenden Blättern. Schließlich standen sie
auf dem Gipfel und schauten hinunter in einen dunklen Abgrund: die
große Kluft am Ende des Gebirges: Nan Curunir, das Tal von Saruman.
»Nacht liegt über Isengart«, sagte Baumbart.

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