NEUNTES KAPITEL
KANKRAS LAUER

Es mochte jetzt tatsächlich Tag sein, wie Gollum sagte, aber die Hob-
bits konnten wenig Unterschied sehen, es sei denn, daß der düstere Him-
mel vielleicht nicht ganz so schwarz war, sondern eher wie eine große
Rauchglocke; statt der Dunkelheit der tiefen Nacht, die sich noch immer
in Spalten und Senken aufhielt, verhüllte ein grauer, verschwommener
Schatten die steinerne Welt ringsum. Sie gingen weiter, Gollum voraus
und die Hobbits jetzt nebeneinander, die lange Schlucht hinauf zwischen
den Pfeilern und Säulen aus zersplittertem und verwittertem Fels, die wie
riesige ungestalte Standbilder zu beiden Seiten aufragten. Kein Laut war
zu hören. Etwas weiter vorn, ungefähr eine Meile vielleicht, war eine
große graue Wand, die letzte gewaltige emporgeschleuderte Masse von
Gebirgsgestein. Dunkler ragte sie auf und wurde immer höher, je näher
sie kamen, bis sie sich hoch über ihnen auftürmte und die Aussicht auf
alles, was jenseits lag, versperrte. Tiefer Schatten hatte sich zu ihren
Füßen gesammelt. Sam schnupperte in der Luft.
»Huh! Dieser Geruch!« sagte er. »Er wird stärker und stärker.« Plötz-
lich waren sie in dem Schatten, und in seiner Mitte sahen sie die Öffnung
einer Höhle. »Da geht der Weg hinein«, sagte Gollum leise. »Das ist der
Eingang zu dem unterirdischen Gang.« Er sprach seinen Namen nicht aus:
Torech Ungol, Kankras Lauer. Ein Gestank kam aus ihm heraus, nicht der
widerwärtige Verwesungsgeruch von den Morgul-Wiesen, sondern eine
üble Ausdünstung, als ob unbeschreibbarer Unrat drinnen im Dunkeln
aufgehäuft und gesammelt werde.
»Ist das der einzige Weg, Sméagol?« fragte Frodo.
»Ja, ja«, antwortete er. »Ja, wir müssen jetzt diesen Weg gehen.«
»Willst du damit sagen, daß du schon mal durch dieses Loch gegangen
bist?« fragte Sam. »Pfui! Aber vielleicht machen dir schlechte Gerüche
nichts aus.«
Gollums Augen funkelten. »Er weiß nicht, was uns was ausmacht,
nicht war, Schatz? Nein, er weiß es nicht. Aber Sméagol kann was er-
tragen. Ja. Er ist durchgegangen. O ja, ganz durch. Es ist der einzige
Weg.«
»Und woher kommt der Geruch, das möchte ich mal wissen«, sagte
Sam. »Er ist wie — na, ich möchte nicht sagen, wie. Irgendein viehisches
Orkloch, da wette ich, mit ihrem Dreck von hundert Jahren drin.«
»Nun ja«, sagte Frodo, »Orks oder nicht, wenn's der einzige Weg ist,
müssen wir ihn einschlagen.«
Sie holten tief Luft und gingen hinein. Nach ein paar Schritten waren
sie von äußerster und undurchdringlicher Dunkelheit umgeben. Seit den
lichtlosen Gängen von Moria hatten Frodo oder Sam nicht mehr solche
Dunkelheit erlebt, und wenn das überhaupt möglich war, dann war sie
hier noch tiefer und dichter. Dort hatte sich die Luft bewegt, hatte man
einen Widerhall gehört und ein Raumgefühl gehabt. Hier war die Luft
still, stehend, drückend, und der Schall verhallte nicht. Sie wanderten
sozusagen in einem von echter Dunkelheit hervorgebrachtem Dunst, der,
wenn er eingeatmet wurde, nicht nur die Augen, sondern auch den Geist
mit Blindheit schlug, so daß selbst die Erinnerung an Farben und Formen
und Licht überhaupt aus den Gedanken verschwand. Nacht war immer
gewesen und würde immer sein, und Nacht war alles.
Aber eine Zeitlang konnten sie noch fühlen, und tatsächlich schien zu-
erst der Tastsinn ihrer Füße und Finger fast schmerzhaft geschärft. Die
Wände fühlten sich zu ihrer Überraschung glatt an, und bis auf eine
Stufe dann und wann war der Boden nicht holprig, sondern gleichmäßig
und stieg stetig und stark. Der Gang war hoch und breit, so breit, daß die
Hobbits, obwohl sie nebeneinander gingen und die Seitenwände nur be-
rührten, wenn sie die Hände ausstreckten, abgesondert waren, abgeschnit-
ten und allein in der Dunkelheit.
Gollum war als erster hineingegangen und schien nur ein paar Schritte
vor ihnen zu sein. Solange sie noch auf solche Dinge zu achten vermoch-
ten, hörten sie seinen zischenden und keuchenden Atem genau vor sich.
Aber nach einiger Zeit wurden ihre Sinne empfindungsloser, sowohl
Tastgefühl als auch Gehör stumpften ab, und immer weiter gingen sie
und tasteten sich voran hauptsächlich durch die Willenskraft, mit der sie
hineingegangen waren, dem Willen, durchzukommen, und dem Wunsch,
schließlich das hohe Tor dahinter zu erreichen.
Ehe sie sehr weit gegangen waren — vielleicht, aber Zeit und Ent-
fernung konnte Sam sehr bald nicht mehr abschätzen —, merkte er, als
er die Wand befühlte, daß auf der Seite eine Öffnung war: einen
Augenblick verspürte er einen schwachen Hauch von weniger drückender
Luft, und dann waren sie vorbeigegangen.
»Hier gibt es mehr als einen Gang«, flüsterte er mühsam: es war
schwierig, seinem Atem Klang zu verleihen. »Es ist ein so orkähnlicher
Ort, wie es nur einen geben kann.«
Danach kam zuerst er auf der Rechten und dann Frodo auf der Linken
an drei oder vier solcher Öffnungen vorbei, manche breiter, manche klei-
ner; aber noch bestand kein Zweifel über den Hauptweg, denn er war ge-
rade, bog nicht ab und ging stetig aufwärts. Aber wie lang war er, wie-
viel von alledem würden sie noch ertragen müssen oder ertragen können?
Die Unbewegtheit der Luft nahm immer mehr zu, während sie stiegen;
und jetzt war es ihnen, als spürten sie in dem blinden Dunkel irgendeinen
Widerstand, der dichter war als die verpestete Luft. Als sie sich voran-
kämpften, fühlten sie Dinge an ihren Köpfen entlangstreichen, oder an
ihren Händen, lange Fühler oder herabhängende Gewächse vielleicht: sie
konnten nicht sagen, was es war. Und der Gestank nahm immer mehr zu.
Er nahm zu, bis es ihnen fast schien, daß ihnen der Geruchssinn als einzi-
ger geblieben sei, und das als eine Folter für sie. Eine Stunde, zwei Stun-
den, drei Stunden: wie viele hatten sie in diesem lichtlosen Loch ver-
bracht? Stunden — Tage, eher Wochen. Sam ging von der Gangwand weg
und rückte näher an Frodo heran, und ihre Hände berührten sich, und sie
gingen Hand in Hand weiter.
Schließlich stieß Frodo, der sich an der linken Wand entlangtastete,
plötzlich auf einen leeren Raum. Fast wäre er seitlich ins Nichts gefallen.
Hier war eine Öffnung im Fels, die sehr viel breiter war als alle, an denen
sie bisher vorbeigekommen waren. Und aus ihr kam ein so übler Gestank
und ein so starker Eindruck von lauernder Bosheit, daß Frodo schwindlig
wurde. Und in demselben Augenblick taumelte auch Sam und fiel vorn-
über.
Frodo versuchte, der Übelkeit und der Furcht Herr zu werden, und
packte Sams Hand. »Auf!« sagte er in einem stimmlosen, heiseren
Flüstern. »Es kommt alles von dort, der Gestank und die Gefahr. Nun los!
Schnell!«
Er nahm seine ganze übriggebliebene Kraft und Entschlossenheit zusam-
men, zog Sam hoch und zwang seine eigenen Füße, sich zu bewegen. Sam
stolperte neben ihm her. Ein Schritt, zwei Schritte, drei Schritte — endlich
sechs Schritte. Vielleicht waren sie an der fürchterlichen, unsichtbaren
Öffnung vorbei, aber ob das so war oder nicht, jedenfalls war es plötzlich
leichter, voranzukommen, als ob irgendein feindlicher Wille sie für den
Augenblick freigegeben habe. Sie kämpften sich weiter voran, immer
noch Hand in Hand.
Aber fast sogleich gerieten sie in eine neue Schwierigkeit. Der Gang
gabelte sich, oder so schien es wenigstens, und im Dunkeln konnten sie
nicht herausfinden, welches der breitere Weg war oder welcher gerade
verlief. Welchen sollten sie einschlagen, den linken oder den rechten? Sie
wußten nicht, wovon sie sich leiten lassen sollten, dennoch würde eine
falsche Entscheidung fast gewiß verhängnisvoll sein.
»Welchen Weg ist Gollum gegangen?« keuchte Sam. »Und warum hat
er nicht gewartet?«
»Sméagol!« versuchte Frodo zu rufen. »Sméagol!« Aber sein Stimme
krächzte, nur ein tonloser Laut verließ seine Lippen. Es kam keine Ant-
wort, kein Widerhall, nicht einmal ein Beben der Luft.
»Diesmal ist er wirklich weg, nehme ich an«, murmelte Sam. »Ich ver-
mute, genau hier hat er uns herbringen wollen. Gollum! Wenn ich dich je
wieder in die Finger bekomme, wird es dir leid tun.«
Als sie im Dunkeln herumtasteten und suchten, merkten sie mit
einemmal, daß die Öffnung auf der Linken versperrt war: entweder ging
es hier nicht weiter, oder aber ein großer Stein war in den Durchgang ge-
fallen. »Das kann nicht der Weg sein«, flüsterte Frodo. »Ob es nun rich-
tig oder falsch ist, wir müssen den anderen nehmen.«
»Und schnell!« keuchte Sam. »Hier ist etwas Schlimmeres als Gollum.
Ich spüre, daß uns etwas ansieht.«
Sie waren nicht mehr als ein paar Ellen gegangen, als von hinten ein
Laut kam, erschreckend und grausig in der bedrückenden, dumpfen Stille:
ein gurgelndes, brodelndes Geräusch und ein langes, giftiges Zischen. Sie
fuhren herum, aber nichts war zu sehen. Mäuschenstill standen sie da,
starrend und wartend, ohne zu wissen, worauf sie warteten.
»Das ist eine Falle!« sagte Sam, und er legte die Hand auf das Heft sei-
nes Schwertes; und dabei dachte er an die Dunkelheit des Hügelgrabs, aus
dem das Schwert kam. »Ich wünschte, der alte Tom wäre jetzt in der
Nähe!« dachte er. Und als er dann da stand, Dunkelheit um ihn und eine
Schwärze der Verzweiflung und Wut im Herzen, schien es ihm, als sehe
er ein Licht: ein Licht im Geist, fast unerträglich hell zuerst wie ein Son-
nenstrahl für die Augen von jemandem, der lange in einer fensterlosen
Grube verborgen war. Dann wurde das Licht zur Farbe: grün, gold, silber,
weiß. Weit entfernt, wie auf einem kleinen Bild, das Elbenfinger gezeich-
net hatten, sah er Frau Galadriel auf dem Gras in Lórien stehen, und Ge-
schenke waren in ihrer Hand. Und du. Ringträger, hörte er sie aus der
Ferne, aber deutlich sagen, für dich habe ich dies vorbereitet.
Das brodelnde Zischen kam näher, und es gab ein Knacken wie von
irgendeinem großen Gliedertier, das sich im Dunkeln mit bedächtiger Ent-
schlossenheit bewegte. Ein Gestank zog ihm voraus. »Herr, Herr!« rief
Sam, und seine Stimme wurde wieder lebendig und drängend. »Das Ge-
schenk der Herrin! Das Sternenglas. Ein Licht für dich an dunklen Orten
sollte es sein, sagte sie. Das Sternenglas!«
»Das Sternenglas?« murmelte Frodo wie einer, der im Schlaf antwortet
und kaum etwas begreift. »Ach ja! Warum hatte ich es vergessen? Ein
Licht, wenn alle anderen Lichter ausgehen!
Und jetzt kann uns fürwahr
nur Licht allein helfen.«
Langsam griff seine Hand in seine Brusttasche, und langsam hielt er
Galadriels Phiole hoch. Einen Augenblick schimmerte sie schwach wie ein
aufgehender Stern, der sich gegen schwere, erdgebundene Nebel wehrt,
und als dann ihre Kraft zunahm und Hoffnung in Frodos Herzen keimte,
begann sie zu brennen, und eine silberne Flamme entfachte sich, ein win-
ziger Kern von blendendem Licht, als ob Eärendil selbst herabgekommen
sei von den hohen westlichen Pfaden mit dem letzten Silmaril auf der
Stirn. Die Dunkelheit wich vor dem Licht zurück, bis es im Mittelpunkt
einer Kugel aus durchsichtigem Kristall schien und die Hand, die es hielt
mit weißem Feuer funkelte.
Frodo betrachtete voll Staunen dieses wunderbare Geschenk, das er so
lange bei sich getragen hatte, ohne seinen vollen Wert und seine Macht
zu vermuten. Selten hatte er sich unterwegs daran erinnert, bis sie zum
Morgul-Tal kamen, und niemals hatte er es benutzt, weil er fürchtete, das
Licht könne sie verraten. Aiya Eärendil Elenion Ancalima! rief er und
wußte nicht, was er gesprochen hatte; denn es schien, als spräche durch
seine Summe eine andere, eine klare und von der verpesteten Luft der
Höhle nicht beeinträchtigte Stimme.
Aber andere Kräfte gibt es in Mittelerde, Mächte der Nacht, und sie
sind alt und stark. Und Sie, die in der Dunkelheit wandelte, hatte vor un-
ermeßlichen Zeiten Elben diesen Ruf ausstoßen hören und seiner nicht ge-
achtet, und er schüchterte sie auch jetzt nicht ein. Als Frodo sprach,
spürte er, daß eine gewaltige Bosheit auf ihn gerichtet war und ein
tödlicher Blick ihn betrachtete. Nicht weit unten im Gang, zwischen
ihnen und der Öffnung, wo sie getaumelt und gestolpert waren, ge-
wahrte er Augen, die sichtbar wurden, zwei große Trauben vielfen-
striger Augen — die sich nahende Drohung zeigte endlich ihr wahres
Gesicht. Die Strahlen des Sternenglases wurden von den tausend Fa-
cetten der Augen gebrochen und zurückgeworfen, aber hinter dem Glit-
zern begann ein bleiches, tödliches Feuer stetig inwendig zu glühen, eine
in irgendeiner tiefen Grube des bösen Denkens entfachte Flamme. Un-
geheuerliche und abscheuliche Augen waren es, tierisch und dennoch
erfüllt von Entschlossenheit und häßlichem Ergötzen, sich an ihrem
Opfer weidend, das ohne Hoffnung auf Entkommen in die Falle geraten
war.
Von Entsetzen gepackt, begannen Frodo und Sam langsam zurückzu-
weichen, und wie gebannt blickten sie auf das Starren dieser unheim-
lichen Augen; aber ebensoviel, wie sie zurückwichen, rückten die Augen
vor. Frodos Hand zitterte, und langsam senkte sich die Phiole. Dann
plötzlich, von dem fesselnden Bann befreit, in vergeblichem Schrecken
zur Belustigung der Augen ein wenig zu rennen, wandten sie sich um
und flohen zusammen; aber als sie rannten, schaute Frodo zurück und sah
voll Entsetzen, daß die Augen sogleich hinterherkamen. Der Todesge-
stank umgab ihn wie eine Wolke.
»Bleib stehen, bleib stehen!« rief er verzweifelt. »Rennen hat keinen
Zweck.«
Langsam krochen die Augen näher.
»Galadriel!« rief er, nahm all seinen Mut zusammen und hob die
Phiole noch einmal hoch. Die Augen hielten an. Vorübergehend er-
schlaffte ihr Blick, als ob sie durch einen Anflug von Zweifel getrübt
würden. Da entbrannte Frodos Herz in ihm, und ohne darüber nachzuden-
ken, was er tat, ob es Torheit sei oder Verzweiflung oder Mut, nahm er
die Phiole in die linke Hand und zog das Schwert mit der rechten. Stich
fuhr aus der Scheide und die scharfe Elbenklinge funkelte in dem silber-
nen Licht, aber an den Rändern flackerte ein blaues Feuer. Dann hielt
Frodo, der Hobbit aus dem Auenland, den Stern hoch, das helle Schwert
vorgestreckt, und ging unentwegt hinunter, um die Augen zu treffen.
Sie zuckten. Zweifel erfüllte sie, als sich das Licht näherte. Eins nach
dem anderen erloschen sie und zogen sich langsam zurück. Nie zuvor
hatte eine so tödliche Helligkeit sie gequält. Vor Sonne, Mond und Ster-
nen war sie in ihrem unterirdischen Versteck sicher, aber nun war ein
Stern in die Erde selbst hinabgestiegen. Immer näher kam er, und die
Augen begannen zu verzagen. Eins nach dem anderen wurde dunkel; sie
wandten sich ab, und ein großer Körper, den das Licht nicht erreichen
konnte, schob seinen Schatten dazwischen. Die Augen waren fort.
»Herr, Herr!« rief Sam. Er war dicht hinter Frodo; auch er hatte sein
Schwert gezogen und griffbereit. »Himmel nochmal! Aber die Elben wür-
den ein Lied daraus machen, wenn sie je davon hörten! Und möge ich am
Leben bleiben, um es ihnen zu erzählen und sie singen zu hören. Aber
geh weiter, Herr! Geh nicht hinunter in die Höhle! Jetzt haben wir die
einzige Gelegenheit. Machen wir, daß wir aus diesem stinkigen Loch
rauskommen!«
Und so kehrten sie wieder um. Zuerst gingen und dann rannten sie;
denn als sie weiterkamen, stieg der Boden des Ganges steil an, und mit
jedem Schritt klommen sie höher über den Gestank der unsichtbaren
Lagerstatt, und Kraft kehrte in ihre Glieder und ihr Herz zurück. Aber
immer noch lauerte der Haß der Wächterin hinter ihnen, vielleicht blind
eine Zeitlang, aber unbesiegt, immer noch auf Tod erpicht. Und nun kam
ihnen ein Strom kühler und dünner Luft entgegen. Die Öffnung, das Ende
des unterirdischen Ganges, lag endlich vor ihnen. Keuchend, sich nach
einem dachlosen Ort sehnend, eilten sie voran; und dann taumelten sie
vor Verblüffung und fielen zurück. Der Ausgang war durch irgendein
Hindernis versperrt, aber nicht aus Stein; weich und ein wenig nachge-
bend schien es zu sein, und doch stark und undurchdringlich; Luft kam
hindurch, aber keinerlei Lichtschimmer. Noch einmal versuchten sie es
und wurden zurückgeschleudert.
Frodo hielt die Phiole hoch und sah vor sich etwas Graues, das die
Strahlen des Sternenglases nicht durchdrangen und nicht erhellten, als ob
es ein Schatten sei, der von keinem Licht geworfen wurde und daher auch
von keinem Licht zerstreut werden konnte. Über die Höhe und Breite des
Ganges war ein riesiges Netz gesponnen, ordentlich wie das Netz einer
Riesenspinne, aber dichter gewebt und weit größer, und jeder Faden war
dick wie ein Seil.
Sam lachte erbittert. »Spinnenweben!« sagte er. »Ist das alles? Spinnen-
weben! Aber was für eine Spinne! Machen wir uns ran, runter mit
ihnen!«
Wütend hieb er mit dem Schwert auf sie ein, aber der Faden, auf den er
schlug, riß nicht. Er gab ein wenig nach und sprang dann zurück wie eine
gezupfte Bogensehne, lenkte die Klinge ab und schleuderte Schwert und
Arm hoch. Dreimal schlug Sam mit aller Kraft zu, und endlich riß ein
einziger der zahllosen Stränge und ringelte und drehte sich und peitschte
durch die Luft. Ein Ende traf Sams Hand, er schrie vor Schmerz auf, fuhr
zurück und legte die Hand über den Mund.
»Das wird Tage dauern, den Weg auf diese Weise freizumachen«, sagte
er. »Was kann man tun? Sind diese Augen zurückgekommen?«
»Nein, nicht zu sehen«, sagte Frodo. »Aber ich habe immer noch das
Gefühl, daß sie mich anschauen oder an mich denken: vielleicht irgend-
einen Plan schmieden. Würde dieses Licht gesenkt oder schwächer wer-
den, dann würden sie schnell wiederkommen.«
»Zuletzt noch in der Falle gefangen!« sagte Sam erbittert, und seine
Wut überstieg wieder Müdigkeit und Verzweiflung. »Fliegen im Netz.
Möge Faramirs Fluch diesen Gollum treffen, und zwar schnell!«
»Das würde uns jetzt nichts nützen«, sagte Frodo. »Komm, laß uns
sehen, was Stich ausrichten kann. Es ist eine Elbenklinge. Grausige
Spinnweben waren in den dunklen Schluchten von Beleriand, wo es ge-
schmiedet wurde. Aber du mußt Wachposten sein und die Augen fernhal-
ten. Hier nimm das Sternenglas. Fürchte dich nicht. Halte es hoch und
paß gut auf!«
Dann ging Frodo zu dem großen grauen Netz und hieb darauf mit
einem weit ausholenden Streich, zog die scharfe Schneide über eine Reihe
dicht geknüpfter Stränge und sprang sofort zurück. Die blauschimmernde
Klinge schnitt durch sie hindurch wie eine Sichel durch Gras, und sie zer-
sprangen und krümmten sich und hingen dann lose herab. Ein großer
Spalt war gemacht.
Streich auf Streich führte er, bis zuletzt das ganze Netz, soweit er es er-
reichen konnte, zerfetzt war und der obere Teil wie ein lockerer Schleier
im hereinkommenden Wind wehte und wogte. Die Falle war aufgebro-
chen.
»Komm!« rief Frodo. »Weiter, weiter!« Eine stürmische Freude über ihr
Entkommen aus dem Rachen der Verzweiflung erfüllte plötzlich seinen
Sinn. Ihm war schwindlig, als habe er einen starken Wein getrunken. Er
sprang hinaus und rief mit lauter Stimme.
Seinen Augen, die die Höhle der Nacht durchwandert hatten, erschien
das dunkle Land hell. Die großen Rauchwolken waren aufgestiegen und
dünner geworden, und die letzten Stunden eines düsteren Tages vergin-
gen; der rote Glanz über Mordor war einer trüben Düsternis gewichen.
Dennoch schien es Frodo, daß er auf einen Morgen plötzlicher Hoffnung
blicke. Fast hatte er den Gipfel der Wand erreicht. Nur noch ein wenig
höher. Die Kluft Cirith Ungol lag vor ihm, eine undeutliche Einkerbung
in dem schwarzen Grat, und die Felsenhörner ragten zu beiden Seiten
dunkel in den Himmel. Ein rascher Lauf, eine kurze Strecke, und er würde
durch sein!
»Der Paß, Sam!« rief er und achtete nicht darauf, wie seine Stimme
gellte, die, befreit von den erstickenden Dünsten des Ganges, jetzt hell
und ungestüm erschallte. »Der Paß! Lauf, lauf, und dann sind wir durch
— durch, ehe irgend jemand uns aufhalten kann!«
Sam kam hinterher, so schnell ihn seine Beine trugen; aber so sehr er
sich freute, frei zu sein, so unruhig war er, und während er rannte,
schaute er dauernd zurück zu dem dunklen Bogen des Ganges und fürch-
tete, Augen zu sehen, oder irgendeine unvorstellbare Gestalt, die heraus-
sprang, um sie zu verfolgen. Zu wenig wußte er oder auch sein Herr von
Kankras Verschlagenheit. Sie hatte viele Ausgänge von ihrem Lager.
Unendlich lange hatte sie dort gehaust, ein böses Geschöpf in Spinnen-
gestalt und eben jenes, welches einst im Lande der Elben im Westen, das
jetzt unter dem Meer ist, gelebt hatte, eben jenes, gegen das Beren vor
langer Zeit im Gebirge des Schreckens in Doriath gekämpft hatte, und so
war er zu Lúthien gekommen auf dem grünen Rasen inmitten des Schier-
lings im Mondschein. Wie Kankra hierher gekommen war, vor dem Verder-
ben fliehend, berichtet keine Erzählung, denn aus den Dunklen Jahren
sind wenige Erzählungen auf uns gekommen. Aber sie war noch da, die
schon vor Sauron dort gewesen war und vor dem ersten Stein von Barad-
dür; und sie diente niemandem außer sich selbst, trank das Blut von
Elben und Menschen, aufgedunsen und fett geworden bei endlosem Brü-
ten über ihren Schmausen, Netze aus Schatten webend. Denn alle Lebewe-
sen waren ihre Nahrung und ihr Erbrochenes Dunkelheit. Ihre geringere
Brut, Bankerte der armseligen Männchen, ihrer eigenen Nachkommen, die sie
umbrachte, verbreitete sich überall, von Bergschlucht zu Berschlucht, vom
Ephel Dúath bis zu den östlichen Bergen, bis Dol Guldur und den Fe-
stungen von Düsterwald. Doch keiner vermochte wie sie, Kankra die
Große, das letzte Kind von Ungoliant, die unglückliche Welt zu plagen.
Schon vor Jahren hatte Gollum sie erblickt, Sméagol, der in allen dunk-
len Löchern herumstöberte, und in vergangenen Tagen hatte er sich ge-
beugt und sie verehrt, und die Dunkelheit ihrer Boshaftigkeit begleitete
ihn auf allen Wegen seiner Mühsal und schnitt ihn ab vom Licht und von
Reue. Und er hatte versprochen, ihr Nahrung zu bringen. Aber ihr Gelüst
war nicht sein Gelüst. Wenig wußte sie von Türmen, Ringen oder irgend
etwas, das von Geist oder Hand ersonnen war, und wenig lag ihr daran,
die sie nur den Tod für alle anderen ersehnte, Geist und Körper, und für
sich selbst ein übersattes Leben, allein, aufgebläht, bis die Berge sie nicht
mehr aufhalten und die Dunkelheit sie nicht mehr umfangen konnte.
Aber dieses Verlangen war noch fern, und lange war sie jetzt schon
hungrig gewesen und hatte in ihrer Höhle gelauert, während Saurons
Macht wuchs und Licht und Lebewesen seine Grenzen mieden; und die
Stadt im Tal war tot, und kein Elb oder Mensch kam in ihre Nähe, nur
die unglücklichen Orks. Armselige Nahrung und vorsichtig. Aber fres-
sen mußte sie, und wie eifrig sie auch neue Wendelgänge vom Paß und
ihrem Turm gruben, immer fand sie irgendeinen Weg, um sie einzufan-
gen. Aber es gelüstete sie nach süßerem Fleisch. Und Gollum hatte es ihr
gebracht.
»Wir werden sehen, wir werden sehen«, sagte er oft zu sich selbst,
wenn ihn das Böse überkam auf dem gefährlichen Weg vom Emyn Muil
zum Morgul-Tal, »wir werden sehen, o ja, es mag wohl sein, wenn Sie die
Knochen und die übriggebliebenen Kleider wegwirft, daß wir ihn finden,
ihn bekommen, den Schatz, eine Belohnung für den armen Sméagol, der
nettes Essen bringt. Und wir werden den Schatz retten, wie wir verspro-
chen haben. O ja. Und wenn wir ihn in Sicherheit haben, dann wird Sie
es erfahren, o ja, dann werden wir es Ihr heimzahlen, mein Schatz. Dann
werden wir es jedem heimzahlen!«
So dachte er insgeheim in seiner Arglist, die er noch vor ihr zu verber-
gen hoffte, selbst als er wieder zu ihr gekommen war und sich tief vor ihr
verbeugt hatte, während seine Gefährten schliefen.
Und was Sauron betrifft, so wußte er, wo sie lauerte. Es freute ihn, daß
sie dort hungrig, aber mit unverminderter Bosheit hauste, eine zuverlässi-
gere Wache an diesem alten Pfad in sein Land als jede andere, die seine
List hätte ersinnen können. Und Orks waren nützliche Hörige, aber es
gab ihrer mehr als genug. Wenn Kankra sie dann und wann fing, um
ihren Hunger zu stillen, dann war es ihr vergönnt: er konnte sie entbeh-
ren. Und wie ein Mensch, der seiner Katze (seine Katze nennt er sie, ob-
wohl sie ihm nicht gehört) manchmal einen Leckerbissen zuwirft, so
schickte Sauron ihr Gefangene, für die er keine bessere Verwendung
hatte: er ließ sie zu ihrer Höhle treiben und sich Bericht erstatten, wie sie
mit ihnen verfuhr.
So lebten sie beide, jeder ergötzte sich an seinen Ränken und fürchtete
keinen Angriff, keinen Zorn oder irgendein Ende ihrer beider Bosheit.
Noch nie war eine Fliege Kankras Netz entgangen, und um so größer war
ihre Wut und ihr Hunger.
Aber nichts von diesem Bösen, das sie gegen sich aufgebracht hatten,
wußte der arme Sam, nur daß eine Furcht ihn bedrückte, eine drohende
Gefahr, die er nicht sehen konnte; und ein solches Gewicht wurde sie, daß
sie eine Last für ihn war beim Rennen, und seine Füße schienen bleiern.
Grauen umgab ihn, und Feinde waren vor ihm auf dem Paß, und sein
Herr war in einer weltentrückten Stimmung und rannte ihnen sorglos
entgegen. Er wandte den Blick ab von dem Schatten hinten und der tiefen
Düsternis unter der Felswand zu seiner Linken und schaute nach vorn,
und da sah er zweierlei, was sein Entsetzen vermehrte. Er sah, daß das
Schwert, das Frodo nicht wieder in die Scheide gesteckt hatte, mit einer
blauen Flamme schimmerte; und er sah, daß das Fenster im Turm, obwohl
der Himmel hinten jetzt dunkel war, immer noch rot glühte.
»Orks!« murmelte er. »Auf diese Weise werden wir's nie schaffen. Da
sind Orks in der Nähe, und noch Schlimmeres als Orks.« Dann kehrte er
rasch zu seiner alten Gewohnheit der Heimlichkeit zurück und umschloß
mit der Hand die kostbare Phiole, die er noch trug. Rot von seinem eige-
nen lebendigen Blut schimmerte seine Hand einen Augenblick und dann
steckte er das verräterische Licht tief in seine Brusttasche und zog seinen
Elbenmantel um sich. Jetzt versuchte er, seinen Schritt zu beschleunigen.
Der Vorsprung seines Herrn vergrößerte sich; schon war er ungefähr
zwanzig Schritte vor ihm und huschte dahin wie ein Schatten; bald würde
er in dieser grauen Welt dem Blick entschwunden sein.
Kaum hatte Sam das Licht des Sternenglases verborgen, da kam sie. Ein
Stückchen voraus und zu seiner Linken sah er plötzlich aus einem
schwarzen Schattenloch unter der Felswand das widerwärtigste Geschöpf
herauskommen, das er je erblickt hatte, schrecklicher als der Schrecken
eines bösen Traums. Fast wie eine Spinne war sie, aber größer als die gro-
ßen Raubtiere und entsetzlicher als sie wegen der bösen Entschlossenheit
in ihren unbarmherzigen Augen. Eben diese Augen, von denen er ge-
glaubt hatte, sie seien eingeschüchtert und besiegt, waren wieder da, von
einem grausamen Funkeln erhellt und in Trauben an ihrem vorgestreckten
Kopf sitzend. Große Hörner hatte sie, und hinter ihrem kurzen, stielarti-
gen Hals war ihr riesiger, geschwollener Leib, ein gewaltiger, aufgebläh-
ter Sack, zwischen ihren Beinen schaukelnd und durchhängend. Ihr
Rumpf war schwarz, mit bläulichen Malen bedeckt, aber die Unterseite
des Bauches war fahl und leuchtend und strömte einen Gestank aus. Ihre
Beine waren angezogen, die großen, knotigen Gelenke ragten hoch über
ihren Rücken hinaus, und sie hatte Haare, die wie Stahlstacheln heraus-
standen, und an jedem Bein saß eine Klaue.
Sobald sie ihren weichen, wabbeligen Körper und die angewinkelten
Gliedmaßen aus dem oberen Ausgang ihrer Lagerstatt herausgequetscht
hatte, bewegte sie sich mit entsetzlicher Geschwindigkeit, bald auf ihren
knackenden Beinen rennend, bald einen plötzlichen Satz machend. Sie war
zwischen Sam und seinem Herrn. Entweder sah sie Sam nicht, oder sie
mied ihn im Augenblick, weil er das Licht trug, und richtete ihre ganze
Absicht auf eine einzige Beute, auf Frodo, der, seiner Phiole beraubt,
achtlos den Pfad hinauflief und von seiner Gefahr noch nichts ahnte.
Schnell rannte er, aber Kankra war schneller; mit ein paar Sprüngen
würde sie ihn haben.
Sam keuchte und nahm alle Luft, die er noch hatte, zusammen, um zu
rufen. »Schau nach hinten!« schrie er. »Paß auf, Herr! Ich ...« aber
plötzlich wurde sein Schrei erstickt.
Eine lange, feuchtkalte Hand legte sich ihm auf den Mund, und eine
andere packte ihn am Hals, während sich etwas um seine Beine schlang.
Überrumpelt, fiel er nach hinten in die Arme seines Angreifers.
»Haben wir ihn!« zischte ihm Gollum ins Ohr. »Endlich, mein Schatz,
haben wir ihn, ja, den häßlichen Hobbit. Wir nehmen diesen. Sie wird
den anderen kriegen. O ja, Kankra wird ihn kriegen, nicht Sméagol: er
hat versprochen, er würde dem Herrn gar nichts tun. Aber dich hat er,
du häßlicher, dreckiger, kleiner Schnüffler!« er spuckte auf Sams Hals.
Wut über den Verrat und Verzweiflung darüber, daß er aufgehalten
wurde, während sein Herr in tödlicher Gefahr war, verliehen Sam eine
Heftigkeit und Kraft, die weit über alles hinausgingen, was Gollum von
diesem schwerfälligen dummen Hobbit, für den er ihn hielt, erwartet
hatte. Gollum selbst hätte sich nicht schneller oder wütender herauswin-
den können. Seine Hand rutschte von Sams Mund ab, und Sam duckte
sich, machte wieder einen Satz nach vorn und versuchte, den Griff um
seinen Hals abzuschütteln. Sein Schwert hatte er noch in der Hand, und
an seinem linken Arm hing an der Schlaufe Faramirs Stock. Verzweifelt
versuchte er, sich umzudrehen und seinen Feind zu erstechen. Aber Gol-
lum war zu schnell. Sein langer, rechter Arm schoß vor, und er packte
Sams Handgelenk: seine Finger waren wie ein Schraubstock; langsam und
unbarmherzig bog er die Hand hinunter und nach vom, bis Sam mit
einem Schmerzensschrei das Schwert losließ, und es auf den Boden fiel;
und alldieweil drückte Gollums andere Hand Sam die Kehle zu.
Dann wandte Sam seine letzte List an. Mit aller Kraft zog er sich weg
und setzte seine Füße fest auf; dann plötzlich stemmte er seine Beine auf
den Boden und warf sich mit aller Gewalt nach hinten.
Gollum, der nicht einmal diesen einfachen Kniff von Sam erwartet
hatte, fiel um, Sam auf ihn drauf, und er bekam das Gewicht des stämmi-
gen Hobbits auf den Magen. Ein scharfes Zischen kam aus ihm heraus,
und für eine Sekunde lockerte sich sein Griff um Sams Kehle; aber seine
Finger hatten immer noch die Schwerthand umklammert. Sam warf sich
nach vorn und riß sich los und stand auf, und dann schwenkte er nach
rechts und drehte sich um das Handgelenk, das Gollum festhielt. Mit der
linken Hand packte Sam den Stock, holte aus, und mit einem pfeifenden
Krachen landete er auf Gollums ausgestrecktem Arm, genau unterhalb
des Ellbogens.
Mit einem Winseln ließ Gollum los. Dann griff Sam an; er nahm sich
nicht die Zeit, den Stock von der linken in die rechte Hand umzuwech-
seln, und führte einen weiteren heftigen Schlag. Schnell wie eine Schlange
glitt Gollum zur Seite, und der auf seinen Kopf gezielte Streich traf seinen
Rücken. Der Stock krachte und zerbrach. Das war genug für ihn. Von
hinten packen war ein altes Spiel von ihm, und selten war es ihm mißlun-
gen. Aber diesmal hatte er, von Gehässigkeit verführt, den Fehler began-
gen, zu reden und sich zu freuen, ehe er beide Hände am Hals des Opfers
hatte. Alles war schiefgegangen mit seinem schönen Plan, seit das ent-
setzliche Licht so unerwartet in der Dunkelheit erschienen war. Und jetzt
sah er sich einem wütenden Feind gegenüber, der fast so groß wie er war.
Dieser Kampf war seine Sache nicht. Sam hob sein Schwert vom Boden
auf und holte aus. Gollum quietschte, sprang auf allen Vieren zur Seite
und hüpfte wie ein Frosch mit einem großen Satz davon. Ehe Sam ihn er-
reichen konnte, war er fort und rannte mit erstaunlicher Geschwindigkeit
zum Gang zurück.
Mit dem Schwert in der Hand setzte Sam ihm nach. Im Augenblick
hatte er alles andere vergessen, er sah rot vor Wut und hatte nur den
Wunsch, Gollum zu töten. Aber ehe er ihn einholen konnte, war Gollum
verschwunden. Als sich dann die dunkle Höhle vor ihm auftat und ihm
der Gestank entgegenkam, traf ihn der Gedanke an Frodo und das Unge-
heuer wie ein Donnerschlag. Er fuhr herum und raste wie wild den Pfad
hinauf und rief immer wieder und wieder den Namen seines Herrn. Es
war zu spät. Insoweit war Gollums Anschlag gelungen.

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