"I Never Promised you a Ruse Garden": Offener Brief von Michael Moore an George W. Bush Michael Moore Michael Moore, Regisseur von "Bowling for Columbine" und Autor von "Stupid White Men", Oscar-Preisträger und Kritiker der US-Politik hat einen offenen Brief an Präsident George W. Bush geschrieben. Hier die Übersetzung: Donnerstag, 26. Juni 2003 Lieber Lt. George W. Bush, ich hoffe, Du hast nichts dagegen, dass ich Dich mit deinem wirklichen militärischen Grad anspreche, den Du Dir in den Tagen erworben hast, an denen Du hin und wieder in der, mmh, "Texas Air National Guard" gedient hast. Seit ich Dich in dem Flieger-Outfit auf diesem Schiff habe landen sehen, nehme ich an, dass Du mit Deinem Militär-Dienstgrad angesprochen werden willst, als Gegensatz zum bürgerlichen Rang, den Dir die Freunde Deines Vaters verschafft haben. Also, Lieutenant, kannst du mir vielleicht einen Gefallen tun? Könntest Du es bitte besser machen als der Rosen-Bus(c)h? Gestern sah ich den Menschen im Fernsehen, den Deine Jungs gefunden haben, den Iraker, der behauptete, er habe in seinem Hinterhof in Bagdad vor zwölf Jahren einige Atompläne unter einen Rosenbusch "gepflanzt". Guter Witz, Kumpel! Denkst Du, wir sind so dumm wie wir aussehen? Ich weiß, unsere Begeisterung für "American Idol" und Scott Peterson läßt uns ein bisschen schwach im Kopf erscheinen, aber wenn es darum geht, uns anzulügen, damit wir in den Krieg ziehen, dann verlangen wir ein bisschen mehr Mühe und Durchhaltevermögen. Du siehst, George, mich regt nicht die Lüge auf. Aber: Du hast nun seit mehr als zwei Monaten die Kontrolle über den Irak, und Du hast keine Zeit gefunden, ein paar Atomraketen oder Giftgasfässer zu vergraben, so dass es wenigstens so aussehen könnte, als ob Du uns nicht anlügen würdest. Denn ohne die Vortäuschung von Massenvernichtungswaffen sieht es so aus, als sei es dir egal, ob der Schwindel auffliegt. Eine andere Art von Präsident, einer der glauben würde, die amerikanische Öffentlichkeit wäre entsetzt, wenn sie die Wahrheit erführe, würde alles mögliche zur Verschleierung seiner Hinterlist tun. Johnson tat es mit dem Golf von Tonkin. Er sagte, unsere Schiffe seien von den Vietnamesen "angegriffen" worden. Das war nicht so, aber er wusste, dass es zumindestens so aussehen musste. Nixon behauptete, er sei kein Gauner, aber er wusste, dass das nicht aussreichte. Also zahlte er Schweigegeld an die Einbrecher, damit sie 18 1/2 Minuten von einem Tonband des Oval Office löschten. Warum tat er das? Weil er wusste, das amerikanische Volk wäre sauer, wenn die Wahrheit herauskäme. Deine eklatante Weigerung, Deine verbalen Beteuerungen mit gefälschten Beweisen zu unterfüttern, ist ein Schlag in das kollektive amerikanische Gesicht. Es ist als sagtest Du: "Diese Amerikaner sind so verdammt apathisch und faul; da brauchen wir keine Waffen zu produzieren, um unsere Wünsche durchzusetzen." Wenn Du nur ein paar Bunkerlöcher in der Umgebung von Tikrit gegraben oder ein bisschen Anthrax bei Basra versprüht hättest. Du hättest auch ein bisschen Plutonium "entdecken" können im Stapel der Videos, die Udai Hussein beim Füttern seiner Tiger zeigen. Das hätte uns gezeigt, dass du befürchtet hast, wir könnten revoltieren, wenn wir dich beim Lügen erwischen. Du hättest uns damit Respekt erwiesen. Ehrlich: wir hätten uns nicht darum geschert, wenn später herausgekommen wäre, dass Du alle diese Massenvernichtungswaffen selbst vergraben hättest. Sicher, verärgert wären wir schon gewesen, aber es hätte uns die Genugtuung gegeben, wenn Du gezwungen gewesen wärest, Deinen Lippenbekenntnissen Taten folgen zu lassen! Ich denke, Du hast jetzt doch noch kapiert. Es begann damit, dass Dir Millionen von uns "die fiktiven Gründe für den fiktiven Krieg" unter die Nase rieben. Deshalb hast du schnell diesen Mann mit seinem Rosenbusch, dem zwölf Jahre alten Papierfetzen und den Metallteilchen hervorgezaubert. Um 17.15 Uhr brachte CNN die "Exklusivmeldung": "IRAKISCHE ATOMPLÄNE GEFUNDEN!" Aber ein paar gute Reporter hakten nach, und gerade einmal drei Stunden später musste Deine Administration zugeben, dass die Pläne doch nicht die "smoking gun" gewesen seien und der Beweis dafür, der Irak habe Massenvernichtungswaffen. Hoppla! Es ist niemals eine gute Idee, sich auf einen Bus(c)h zu verlassen, Lieutenant. Viele Grüße Michael Moore P.S.: Sorry, ich kann diesen Fliegeranzug nicht aus dem Kopf kriegen. Ich weiß, ich brauche Hilfe. Aber als Du auf diesem Flugzeugträger gelandet bist, auf dem das Banner "Mission Accomplished" (Mission vollendet) zu lesen war... Was für eine Mission sollte da nun vollendet worden sein? Denn nach meiner Rechnung sind mehr als 50 unserer jungen Soldaten gestorben, seitdem du sagtest, die Mission sei beendet. Im Irak herrscht immer noch Chaos. Auch britische Soldaten sterben. Durchgeknallte Fundamentalisten scheinen bereit zu sein, das Land zu regieren. Frauen müssen sich schon verschleiern und den Mund halten; Ladenbesitzer wurden hingerichtet, weil sie Alkohol verkauft hatten. Kinos mussten schließen, weil sie "unmoralische" Hollywoodfilme gezeigt hatten. Und, das ist nicht mal West-Texas! Vielleicht könntest du einfach noch einmal diesen Strampelanzug anziehen, nach Bagdad fliegen, auf dem ehemaligen Saddam International Airport landen, herausspringen, um dich fröhlich winkend unter einTransparent mit der Aufschrift "Mission Impossible" zu stellen. Übersetzung: Karin Stammler, tagesschau.de